INSM gekontert: Warum ein SPD-Abgeordneter ein Erhard-Buch versteigert
Er habe sich schon geärgert als er das Päckchen öffnete, erzählt Sebastian Fiedler. Er ist einer von 104 neuen Abgeordneten der SPD-Bundestagsfraktion. Neben einer Tasse und ein paar Keksen enthielt das Päckchen ein Buch: „Wohlstand für alle“. Der damalige CDU-Bundeswirtschaftsminister und spätere Bundeskanzler Ludwig Erhard schrieb es 1957.
„Die INSM steht für Raubtierkapitalismus.“
„Zum offiziellen Beginn Ihrer Arbeit übersende ich Ihnen diesen Willkommensgruß, der Ihnen viele Ideen und noch mehr Energie für die anstehenden Herausforderungen geben soll“, schrieb der Absender des Päckchens Hubertus Pellengahr. Er ist Geschäftsführer der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM), einer Lobbyorganisation, die von Arbeitgeberverbänden finanziert wird. „Lobbycontrol“ bezeichnet sie als „Lautsprecher des Kapitals“. Zurzeit macht sich die INSM für eine Anhebung des Renteneintrittsalters stark.
„Der Begriff der sozialen Marktwirtschaft wird von der INSM pervertiert“, ist Sebastian Fiedler überzeugt. „Wofür sie steht, das ist purer Raubtierkapitalismus.“ Er wisse deshalb auch nicht, ob er das Paket an seine und die Adresse der anderen SPD-Abgeordneten „lustig oder dreist“ finden soll, sagt er. „Wir stehen schließlich für das genaue Gegenteil dessen, was die INSM will und sind schon öfter Ziel ihrer Kampagnen geworden.“
Aktuelles Gebot: 50 Euro
Fiedler überlegte deshalb, wie er den Lobbyverband mit seinen eigenen Waffen schlagen könnte. „Ich wollte gern die fördern, die sich für einen transparenten Lobbyismus stark machen“, erzählt. Seine Wahl fiel deshalb auf Transpareny International Deutschland, wo er bis vor kurzem noch im Vorstand saß. Auf Twitter startete er eine Auktion: Die oder der Meistbietende erhält das Erhard-Buch. Den Erlös spendet Fiedler an Transparency International Deutschland. Deren deutsche Sektion findet die Aktion gut. Sie hofft „auf ein kleines Wettbieten und dass deine Aktion Schule macht“ schrieb Transparency Deutschland auf Twitter. Das aktuelle Gebot liegt bei 50 Euro.
Anders reagierte Fiedlers Abgeordneten-Kollege Timon Gremmels. „Das „Geschenk“ der INSMgeht mit dem Vermerk „Porto zahlt Empfänger“ zurück an den Absender“, schrieb Gremmels zu einem Foto des ausgepackten Pakets auf Twitter. „Nach der Schmutzkampagne im Wahlkampf möchte ich mit dieser Lobby-Truppe nichts mehr zu tun haben.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.