Infektionsschutzgesetz: SPD setzt auf Kraftanstrengung beim Impfen
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Am Donnerstag wird in zweiter und dritter Lesung das von den Ampel-Parteien vorgelegte Infektionsschutzgesetz abschließend beraten. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Sabina Dittmar hält es für ein gutes Paket, dass die „Handlungsmöglichkeiten der Bundesländer noch einmal deutlich erweitert“, sagt sie am Dienstag in einem digitalen Pressegespräch über verschärfte Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie.
Gemeinsame Kraftanstrengung: impfen
Doch was jetzt in der vierten Welle vor allem helfe, sei schneller impfen und schneller boostern, ist Dittmar überzeugt. „Wir brauchen ein Hochfahren des Engagements in der kompletten Ärzteschaft“, sagt sie. Von den rund 150.000 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten seien derzeit ca. 50.000 beteiligt. Sie wisse, dass in den Hausärzteverbunden bereits dafür geworben werde, Impfsprechzeiten auch außerhalb der üblichen Sprechzeiten anzubieten, zum Beispiel am Abend, damit Berufstätige das auch gut nützen könnten.
„Wir müssen eigentlich zu der Zahl kommen, die wir im Juni hatten“, erklärt sie. Und das seien 1,4 bis 1,5 Millionen Impfungen am Tag gewesen. „Das müssen wir wieder erreichen.“ Das sei aber nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung möglich. Es müssten Ärzte, Betriebsärzte, Krankenhäuser impfen, die Impfzentren müssten aktiviert und auch Angebote vor Ort mit mobilen Impfteams hochgefahren werden. „Das muss jetzt ganz schnell und zügig passieren.“
Auffrischung: Sechs Monate kein fixes Datum
Dittmar spricht sich zudem für die Möglichkeit aus, ein niedrigschwelliges Impfangebot in Apotheken anzubieten. Erfahrungen mit Grippeschutzimpfungen im Rahmen eines Modellprojekts hätten gute Ergebnisse gezeigt, sagt sie. Intern sei das zwar noch nicht abgesprochen, aber sie könne sich vorstellen, dass die Apotheken, die bereits Erfahrung mit der Grippeschutzimpfung haben, sich relativ schnell darauf einstellen könnten, zu boostern.
Für diese Auffrischung sei im Übrigen auch die sechs Monatsfrist kein fixes Datum, erklärt Dittmar auf Nachfrage. Die Datenlage aus Israel beziehe sich auf einen fünfmonatigen Abstand. So sei es auch von der Kassenärztlichen Vereinigung in einem Schreiben an alle ärztlichen Kolleginnen und Kollegen gegangen. Der Impfschutz baue sich langsam ab. Da gebe es „keine Stichtagsregelung“.
Impfpflicht nicht prioritär
Zur Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen erklärt Dittmar, dass die SPD-Bundestagsfraktion zu diesem Thema in der kommenden Woche eine fraktionsoffene Diskussion mit verschiedenen Expert*innen veranstalten werde. Sie persönlich befürworte eine solche Regelung. Doch soll dies nicht innerhalb von 24 Stunden in einen Änderungsantrag aufgenommen werden, denn dies sei ein Eingriff in die Grundrechte, in die körperliche Unversehrtheit.
Dittmar betont, dass das Brechen der vierten Welle nicht abhängig sein werde von der Debatte, wann eine Impfpflicht für bestimmte Einrichtungen eingeführt werde. Das könne lediglich ein Baustein sein. Jetzt gelte es, zu erreichen, wer erreichbar sei. Besonders die vulnerablen Impfgruppen, deren kompletter Impfschutz im Januar, Februar und März erfolgte, aber auch für Jüngere, die im April, Mai und Juni geimpft wurden, müsse jetzt die Auffrischung erfolgen. „Die Hauptanstrengung muss jetzt auf zügigen Boosterimpfungen liegen.“
Keine flächendeckenden Schließungen mehr
Gemeinsam mit Manuela Rottmann, der rechtspolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, und der Gesundheitspolitikerin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, stellte Sabine Dittmar am Mittwoch die Änderungen der Ampel-Fraktionen am Infektionsschutzgesetz gegenüber dem Entwurf der Vorwoche vor. Danach ist es den Bundesländern zwar weiterhin möglich, einzelne Veranstaltungen abzusagen oder Schulen zu schließen, doch flächendeckende Schließungen von Betrieben, Schulen oder öffentlichen Einrichtungen sowie das Verhängen von Ausgangssperren sollen dann nicht mehr möglich sein.
Zudem wollen die Ampel-Fraktionen bundesweite Regelungen wie die 3G Regelung am Arbeitsplatz und im öffentlichen Nah- und Fernverkehr einführen. Die Nutzung ist somit nur noch für Geimpfte, Genesene oder negativ Getestete erlaubt. Das Gesetz zur Bekämpfung der vierten Pandemiewelle soll an diesem Donnerstag beschlossen werden.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.