Allein im Zeitraum zwischen 2004-2006 ist die Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland um 10 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum sanken zudem die durchschnittlichen Stundenlöhne der
Geringverdiener in Westdeutschland von 7,25 Euro auf 6,89 Euro und im Osten von 5,48 Euro auf 4,86 Euro. So lautet ein Ergebnis einer neuen Untersuchung des Forschungsinstituts Arbeit und
Qualifikation (IAQ) der Uni Duisburg-Essen: "Während Deutschland lange für seine ausgeglichene Einkommensstruktur bekannt war, ist der Anteil der Niedriglohnbeschäftigung seit Mitte der 90er-Jahre
deutlich gestiegen", so die Studie. Die Wissenschaftler, die ihrer Studie die Niedriglohndefinition der OECD zugrunde legten, fanden "vermehrt Hinweise darauf, dass das Lohnspektrum in Deutschland
zunehmend nach unten ausfranst".
Spirale nach unten ungebremst
6,5 Millionen oder 22 Prozent der Beschäftigten Deutschlands arbeiten danach als Geringverdiener. Nur ein Viertel von ihnen hat keine Berufsausbildung, drei Viertel haben eine
Berufsausbildung oder studiert. Im internationalen Vergleich hat Deutschland einen höheren Niedriglohnbereich als Frankreich, Dänemark oder Holland und in keinem der anderen Länder sei die
Niedriglohnbeschäftigung in den vergangenen Jahre so stark gestiegen wie hierzulande, schreibt das IAQ. Eine "Ausdifferenzierung der Löhne nach unten", sei in den Nachbarländern nicht denkbar -
weil gesetzliche Mindestlöhne oder Tarifstandards dies verhinderten.
Niedriglöhne stärken Arbeitgeber
Die Möglichkeit der Arbeitgeber, auf schlechter bezahlte Beschäftigte zurückzugreifen, bleibe vielfach "nicht ohne Rückwirkung auf die übrigen Arbeitsplätze". Um zu verhindern, dass ein Teil
der Arbeit Minijobbern oder Zeitarbeitern übertragen werde, sähen sich Gewerkschaften und Betriebsräte oft gezwungen, der Streichung von Zuschlägen, Verlängerung der Arbeitszeit, oder Lohnkürzung
zuzustimmen.
Mindestlohn und Familien
Eine gesetzliche Lohnuntergrenze könnte den Niedriglohnsektor eindämmen. Ein Allheilmittel sei dies aber nicht, erklärt WSI-Forscher Claus Schäfer. Den Existenzsicherungsbedarf von Familien -
insbesondere größeren - könnte der Mindestlohn in vielen Fällen aber nicht decken. Dazu seien familienpolitische Leistungen wie ein verbesserter Kidnerzuschlag oder ein bedarfsdeckendes Kindergeld
von Nöten.
Quelle:
Böckler Impuls 03/2008
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.