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IG Metall im Bundestagswahljahr: Tarifbindung stärken und Arbeitszeit gestalten

Tarifbindung und Arbeitszeitpolitik – die IG Metall will sich mit klaren Forderungen in den Bundestagswahlkampf einmischen. Denn die Menschen seien verunsichert und die Verunsicherung greife „weiter als die Angst vor Terror“, so IG Metall-Chef Hofmann.
von Vera Rosigkeit · 25. Januar 2017
Wollen die Tarifbindung stärken und die Arbeitszeit im Interesse der Arbeitnehmer gestalten, die IG Metall-Vorsitzenden Christiane Benner und Jörg Hofmann.
Wollen die Tarifbindung stärken und die Arbeitszeit im Interesse der Arbeitnehmer gestalten, die IG Metall-Vorsitzenden Christiane Benner und Jörg Hofmann.

Ein Tag nachdem bekannt wurde, dass Martin Schulz Kanzlerkandidat der SPD für den Bundestagswahlkampf 2017 wird, lautet eine der ersten Nachfragen von Journalisten an den IG Metall-Chef Jörg Hofmann, was er von der Kandidatur Schulzes halte? Auch er sei überrascht gewesen, erklärte Hofmann dazu.

Verunsicherung greift weiter als Angst vor Terror

Wesentlich seien jedoch nicht die Personen, sondern die Inhalte der Parteiprogramme. Man werde sich mit Martin Schulz genauso wie mit jedem anderen Spitzenkandidaten darüber auseinandersetzen, wie „Arbeitnehmerinteressen am besten durchgesetzt werden können“, betonte Hofmann auf einer Pressekonferenz in Berlin.

Es sei vor allem der Wandel durch die Digitalisierung der Arbeit, der gestaltet werden müsse, so Hofmann. Denn die Menschen seien verunsichert und die Verunsicherung greife „weiter als die Angst vor Terror“, zeigte sich Hofmann überzeugt.

Tarifbindung für mehr Gerechtigkeit

Am Beispiel der Antriebstechnik im Fahrzeugbau machte er deutlich, dass ein Drittel der derzeit in diesem Bereich tätigen 260.000 Beschäftigten in 15 Jahren eine andere Tätigkeit ausführen werden. Aber wo und was werden diese Menschen arbeiten? Die politische Antwort könne nur lauten „Sicherheit verlangt Investitionen in die Zukunft“, so Hofmann. Unternehmen müssten in mehr Weiterbildung investieren und der Staat handlungsfähig sein.

Hofmann: „Nicht weniger Steuern, sondern eine gerechtere Besteuerung von Vermögen und Erbschaften ist gefordert.“ In die politische Debatte einbringen wolle Hofmann auch, dass Verkauf und Betriebsaufspaltung keine Schlupflöcher dafür sein könnten, der Tarifbindung zu entfliehen. Eine weitere Forderung der IG Metall gilt der sachgrundlosen Befristung. Sie müsse abgeschafft werden, betonte Hofmann.

Arbeitszeit souverän gestalten

Neben der Stärkung der Tarifbindung spiele die Arbeitszeitpolitik eine zentrale Rolle. Für Hofmann ist das Thema Arbeitszeit entscheidend dafür, ob die „Transformation zur Arbeitswelt 4.0 zu mehr Gerechtigkeit und Zusammenhalt in unserer Gesellschaft führe – oder zu mehr Spaltung“. Die IG Metall wolle nicht mehr hinnehmen, dass Flexibilität immer nur zu Lasten der Arbeitnehmer gehe. Vielmehr müsse Arbeitszeit so organisiert werden, dass „Gesundheit und Qualifikationen im Mittelpunkt stehen und nicht der Verschleiß“.

Die Zweite Vorsitzende der IG Metall Christiane Benner begrüßte in diesem Zusammenhang den Gesetzentwurf zum Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit. Denn neben der Höhe des Einkommens seien die Dauer, der Ort und die Lage der Arbeitszeit „zentrale Stellgrößen für eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben“.

Über zwei Millionen Mitglieder stark

Benner sprach sich darüber hinaus für Verbesserungen aus. Das Gesetz müsse auch in Betrieben mit weniger als 15 Arbeitnehmern gelten, da sonst ca. 6,67 Millionen Beschäftigte nicht davon profitieren würden.

Benner rief die Arbeitgeber dazu auf, mit dazu beizutragen, durch klare Regeln Frauen jetzt den Weg aus der Teilzeit-Falle zu ermöglichen oder zum Thema Lohngerechtigkeit für immer zu schweigen.  

Ca. 400.000 Frauen sind derzeit Mitglied der IG Metall, der mit insgesamt über 2.2 Millionen Mitgliedern größten Einzelgewerkschaft Deutschlands. Da die Mitgliederstruktur wie bei jeder Großorganisation eine alternde sei, freute sich Benner besonders darüber, dass 43 Prozent der Neumitglieder jünger als 27 Jahre sind. Die IG Metall werde aber nicht nur jünger, sondern auch vielfältiger, erklärte sie. Dass 500.000 Mitglieder einen sogenannten Migrationshintergrund hätten, sei in Zeiten wie „diesen, in der eine Partei wie die AfD die Menschen gegeneinander aufhetzt, besonders wichtig“, fügte sie hinzu.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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