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Hat Beckstein „einen über den Durst getrunken“? - Peinlicher Fauxpas des Ministerpräsidenten zwei Wochen vor der Landtagswahl

von ohne Autor · 16. September 2008
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Was hat Günter Beckstein (CSU) da geritten? Ausgerechnet zwei Wochen vor der Landtagswahl, bei der seiner Partei der Verlust der absoluten Mehrheit droht, hat Bayerns Ministerpräsident unfreiwillig einen Sturm der Entrüstung ausgesucht. Der Grund: Er hatte erklärt, Autofahren sei auch nach dem Genuss
von zwei Maß Bier kein Problem. Zwei Maß entsprechen zwei Litern.

"Günther Beckstein hat wohl einen über den Durst getrunken", erklärte darauf hin die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing (SPD). Zwei Liter Bier, so Bätzing, würden die Trinkmengenempfehlungen der Weltgesundheitsorganistation (WHO) um das Dreifache übersteigen. In bestimmten Situationen, betont die Drogenbeauftragte, müsse auf Alkohol verzichtet werden - dazu gehöre neben Schwangerschaften der Straßenverkehr.

Beckstein hatte sich zuvor laut Münchner "Abendzeitung" in einer Wahlkampfveranstaltung gegen ein von Bätzing gefordertes weiteres Absenken der Promillegrenze ausgesprochen. Wörtlich sagte er danach: "Es ist nicht das Problem, wenn einer eine Maß trinkt, oder, wenn er ein paar Stunden da ist, auch zwei." Im Bayerischen Rundfunk sagte Beckstein, wenn das Bier in "fünf, sechs, sieben Stunden" auf dem Oktoberfest getrunken werde, sei Autofahren "mit zwei Maß noch möglich".

Oktoberfestbier ist allerdings deutlich stärker als herkömmliches Pilsbier, das einen Alkoholgehalt von etwa 4,8 Prozent hat. Die Sorte der ältesten Münchner Brauerei Augustiner hat einen Alkoholanteil von etwa 6,3 Prozent.

SPD-Spitzenkandidat Franz Maget riet seinem Konkurrenten Beckstein "dringend davon ab, das so unters Volk zu bringen". Er habe nichts dagegen, auf einem Volksfest eine oder zwei Mass Bier zu trinken, aber dann müsse das Auto "definitiv stehen bleiben".

Scharfe Kritik an Becksteins Aussage kommt von der Polizei. "Ich frage mich, was ihn da geritten hat", sagte Harald Schneider, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Vermutlich hatte er gerade zwei Mass Bier getrunken, als er das gesagt hat". Es seien Menschenleben in Gefahr, wenn jemand nach dem Genuss von zwei Mass Bier Auto fahre. Mit seiner Äußerung mache Beckstein die Arbeit der Polizei zunichte.

Auch der ADAC hält Becksteins Ansicht, so wörtlich, für "Unsinn". Man könne sich auf keinen Fall "an die Promillegrenze rantrinken", warnte ADAC-Sprecherin Maxi Hartung. "Fahrtüchtig" sei man höchstens noch nach einem kleinen Bier, keinesfalls aber nach zwei Litern. Beckstein solle "die Menschen nicht dazu auffordern, Alkohol zu trinken und dann noch Auto zu fahren".

Die Grünen attackierten den Regierungschef ebenfalls scharf. Becksteins "makabere Ansichten" seien nur vor dem Hintergrund der katastrophalen Umfragewerte der CSU zu erklären, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck. Die bayerische Grünen-Landesvorsitzende Theresa Schopper forderte Beckstein auf, "über eine Promillegrenze bei Bierzelt-Auftritten" nachzudenken: "Das würde das Urteilsvermögen steigern und Unsinn vermeiden."

Mit seiner Bier-Äußerung schaffte es Beckstein bei der Münchner "Abendzeitung" auf die Titelseite. Die "AZ" schreibt von einer "Irrfahrt" des CSU-Politikers und bezeichnet ihn als "Wiederholungstäter", schließlich habe Beckstein vor Jahren auch gegen die Absenkung der Promillegrenze von 0,8 auf 0,5 gekämpft.

Quelle: AFP, dpa, ddp, br-online

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