Als das erste IAB-Handbuch 2005 vorgestellt wurde, war er gerade Arbeitminister der großen Koalition geworden. Heute präsentierte Müntefering das Nachfolgewerk als Vorsitzender der SPD in
Berlin. Ein wenig stolz sei er auf die Ergebnisse, die das gut 500 Seiten starke Buch darstellt. Und die können sich tatsächlich sehen lassen. So kommen die IAB-Forscher zu dem Schluss, dass sich
auf dem deutschen Arbeitsmarkt eine lange erwartete "grundsätzliche Trendwende" abzeichne. Viele Indizien sprächen zudem dafür, dass die Belebung am Arbeitsmarkt "wirklich nachhaltig" sei.
Ebenso erfreulich: Auch Langzeitarbeitslose und ältere Arbeitssuchende habe der wirtschaftliche Aufschwung erreicht; der negative Trend einer sich bisher immer weiter aufbauenden
Sockel-Arbeitslosigkeit könne durchbrochen sein. Doch neben den nackten Tatsachen kamen die Wissenschaftler zu einem weiteren Ergebnis, das den SPD-Chef froh gestimmt haben wird. So hätten die
Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Regierungszeit einen wesentlichen Beitrag zu der Verbesserung geleistet. Die wichtigste Empfehlung an die jetzige Bundesregierung laute, den von ihrer
Vorgängerin eingeschlagenen Kurs beizubehalten.
"Kein Potenzial liegen lassen!"
"Trotz der guten Entwicklung ist noch nicht alles ok", zeigte sich Franz Müntefering dann aber doch nachdenklich. "Die Konjunktur taumelt." Die Folgen der Finanzkrise könnten noch nicht
voll eingeschätzt werden. Der Qualifikation von Arbeitslosen komme daher eine bedeutende Aufgabe zu. "Wir dürfen kein Potenzial liegen lassen", forderte Müntefering. Nur mit Hilfe von Bildung und
Weiterbildung könnten die Erfordernisse der Industriegesellschaft der Zukunft erfüllt werden.
Wichtig sei auch, am Konzept der Leiharbeit festzuhalten. "Da hat es zwar in der Vergangenheit Auswuchtungen gegeben, die wir so nicht vorhergesehen haben", gab der SPD-Vorsitzende zu, doch
sei die Idee im Prinzip vernünftig. "Wir sollten die Leiharbeit als Brücke in den Arbeitsmarkt nicht abschreiben", plädierte Müntefering. Allerdings sollte auch in diesem Bereich verstärkt über
Mindestlöhne nachgedacht werden.
Es bleibt also noch einiges zu tun. Doch scheint die Ausgangslage um einiges komfortabler zu sein, als vor den Reformen. "Die Menschen bemühen sich heute intensiver um Arbeit", stellte
IAB-Direktor Joachim Möller fest. Zudem zeigten sie eine größere Bereitschaft, Zugeständnisse bei der Stellenwahl zu machen. "Alles in allem habe ich deshalb auch große Hoffnung, dass der
deutsche Arbeitsmarkt dem drohenden Abschwung trotzen wird."
Joachim Möller, Ulrich Walwei (Hg.): Handbuch Arbeitsmarkt 2009. Analysen, Daten, Fakten, W- Bertelsmann Verlag Bielefeld 2008, ISBN 978-3-7639-4001-1, 49,90 Euro