Inland

Gegen Impf-Müdigkeit: SPD-Politiker*innen appellieren an Solidarität

Deutschland bekommt derzeit viel Impfstoff, trotzdem sinkt die Zahl der Impfungen. Dabei ist der Schutz auch ein Akt der Solidarität, appellieren SPD-Politiker*innen – und warnen vor mangelnder Impfbereitschaft. Die Pandemie sei noch nicht vorbei.
von Benedikt Dittrich · 5. Juli 2021
Einmal aufgezogen, können vorbereitete Impfdosen gegen das Coronavirus nicht lange gelagert werden.
Einmal aufgezogen, können vorbereitete Impfdosen gegen das Coronavirus nicht lange gelagert werden.

Deutschland bekommt derzeit so viele Impfdosen wie noch nie. In den Impfzentren, selbst bei vielen Haus- und Betriebsärzt*innen scheinen die verschiedenen Impfstoffe inzwischen vorrätig zu sein. Doch gleichzeitig gibt es erste Anzeichen, dass weniger Spritzen gesetzt werden als möglich. Auch bei Aktionstagen für Impfungen ohne Termin, zum Beispiel in Bayern, war die Nachfrage zuletzt gesunken.

„Allein mit Blick auf die Inzidenz meinen viele Bürger*innen wohl, wir hätten die epidemische Lage in Deutschland überwunden und eine Impfung wäre deshalb nicht mehr so dringlich“, vermutet Sabine Dittmar, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. Doch sie warnt ebenso eindringlich: „Das Virus ist nicht aus der Welt. Es ist in Lauerstellung und wartet darauf, wieder Boden gut zu machen, wenn wir leichtsinnig werden.“ Deswegen sei es so wichtig, bei den Impfungen weiter voranzukommen. „Nur die zweifache Impfung schützt zuverlässig vor einer Infektion und Weitergabe des Virus und seiner Varianten“, appelliert die Sozialdemokratin eindringlich, auch die zweite Impfung nicht einfach verfallen zu lassen. „Noch ist die Pandemie nicht vorbei, auch wenn viele jetzt im Sommer diesen Eindruck haben“, warnt auch SPD-Fraktionsvize Bärbel Bas auf Nachfrage des „vorwärts“.

Impf-Debatte zwischen Bußgeld und Anreiz

Derweil bringen einige schon Bußgelder für die ins Spiel, die zur Zweitimpfung nicht erscheinen und Termine verfallen lassen. Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält das für sinnvoll, zumal durch die Absagen auch vorbereitete Impfdosen am Ende entsorgt werden müssten. Andere wollen mit zusätzlichen Anreizen die Impf-Motivation erhöhen, beispielsweise durch Geld oder Gutscheine. Oder mit mobilen Impfteams diejenigen erreichen, die sich bisher weder im Impfzentrum noch bei den Hausärzt*innen gemeldet haben.

Von einer Herdenimmunität, von der die Expert*innen je nach Corona-Variante erst bei rund 80 Prozent Geimpften oder Genesenen in der Bevölkerung ausgehen, ist Deutschland nämlich noch weit entfernt: Zu Beginn des Monats Juli waren rund 38 Prozent der Bevölkerung komplett geimpft. Das sind rund 31,5 Millionen Menschen. „Die Durchimpfung der breiten Bevölkerung bleibt nach wie vor der Schlüssel zum Sieg gegen diese Pandemie, die unser aller Leben so auf den Kopf gestellt hat“, sagt Martina Stamm-Fibich, Beauftragte für Patient*innen in der SPD-Bundestagsfraktion. „Um den Wettlauf gegen die 4. Welle der Pandemie zu gewinnen sind wir auf den solidarischen Beitrag jeder einzelnen Person angewiesen.“ Werde das Impfziel nicht schnell genug erreicht, warnt Stamm-Fibich weiter, wären Einschränkungen wieder sehr wahrscheinlich.

Wettrennen gegen die Delta-Variante

Gleichwohl stieg am Wochenende erstmals wieder der R-Wert. Liegt er dauerhaft über„1“, wenn also jede Infizierte Person durchschnittlich wieder mehr als eine Person ansteckt, würde die Pandemie wieder an Fahrt aufnehmen. Neben den Lockerungen sehen Expert*innen vor allem die infektiösere Delta-Variante des Virus als Grund an, dass die Infektionszahlen selbst in den Sommermonaten wieder steigen. Das ist in Großbritannien oder Portugal bereits zu beobachten, obgleich die Zahl der Covid-Patient*innen im Krankenhaus weniger stark steigt.

Deswegen appellieren auch weitere SPD-Politiker*innen eindringlich, Impftermine zu vereinbaren und wahrzunehmen – trotz geplantem Sommerurlaub oder anderer Pläne. Auch aus Solidarität mit jenen, die noch nicht geimpft werden können oder deren Immunsystem auf die Vakzine nicht reagiert oder reagieren kann. Das sind einerseits Kinder unter zwölf Jahren, andererseits Risikopatient*innen, deren Immunsystem zum Beispiel durch eine Krankheit oder Krebs-Therapie geschwächt ist. Heike Baehrens, Pflegebeauftragte der SPD-Fraktion, erinnert außerdem daran, in welch vorteilhafter Situation sich die Bürger*innen in Deutschland inmitten der Pandemie befinden: „Nutzt die einzigartige Chance, die wir in Deutschland haben: Lasst Euch impfen!“ Alle zugelassenen Impfstoffe hätten eine hohe Wirksamkeit, erinnert Baehrens. Außerdem schütze der kleine Pieks nicht nur einen selbst, sondern sei auch ein Akt der Solidarität mit anderen, die sich nicht schützen könnten.

Solidarität, Verantwortung und Schutz für andere in der Gesellschaft – dem stimmen die Bundestagsabgeordenten der SPD allesamt zu. Da außerdem nicht nur das Risiko sinke, sich anzustecken, sondern auch, das Virus zu übertragen, bittet auch Baerbel Bas abschließend: „Ich appelliere daher an Sie alle: Schützen Sie sich und andere und lassen Sie sich impfen!“

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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