"Heiligendamm liegt hinter uns. Nun müssen wir die Kanäle, die dort geschaffen wurden, mit Leben füllen", gab Ditmar Staffelt in seiner Begrüßung das Ziel des Abends vor. Der Sprecher der AG
Weltwirtschaft im Deutschen Bundestag hatte die Veranstaltung organisiert. Neue Finanzierungsinstrumente, die stark gestiegene Bedeutung von Hedgefonds sowie globale Ungleichgewichte stellten das
internationale Finanzsystem vor neue Herausforderungen. "Hierfür müssen Politik und Wirtschaft Lösungsansätze auf internationaler Ebene entwickeln."
"Man kann den Kapitalismus nicht zähmen, indem irgendein Unterbezirk eine Resolution verabschiedet", zeigte sich Bundesfinanzminister Peer Steinbrück etwas polemisch. Er wollte damit auf die
Komplexität des Themas hinweisen, deren Ausmaß viele nicht verstehen wollten. "Die Einflussmöglichkeiten des Staates werden geringer, die Eigeninteressen der Privaten größer. Das ist die derzeitige
Entwicklung." Mehr Sicherheit und Transparenz im globalen Geldmarkt seien daher die Forderungen der Stunde. "Ich bin froh, dass es beim Treffen der G8-Finanzminister weitere Verabredungen gegeben
hat", sagte Steinbrück, so auch mit Blick auf das Thema Hedgefonds. Die Kritiker dieser Finanzanlage sollten jedoch auch nicht die positiven Effekte übersehen. "Sie sind schwer zu vermitteln, aber
sie sind eine Tatsache", so Steinbrück.
"Hedgefonds sind gut für Deutschland", war auch Josef Ackermann überzeugt. "Mehr Transparenz wäre jedoch hilfreich." Der Chef der Deutschen Bank legte dar, wie eine gute Abwehrstrategie der
deutschen Wirtschaft gegen zu große Einflüsse aus dem Ausland aussehen könnte. "Wir müssen die Aktienkultur in Deutschland stärken", forderte er. Gebe es in der Bundesrepublik mehr private
Aktionäre, wäre dies ein starkes Gewicht gegenüber ausländischen Investoren.
Einen anderen Blick auf die globalen Finanzmärkte wagte der stellvertretende Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), John Lipsky. "Die Weltwirtschaft ist offener und integrierter
geworden", stellte er fest. Die gewachsene Dynamik der weltweiten Wirtschaft sowie den Umfang der globalen Kapitalflüsse sah Lipsky als größte Herausforderungen für den IWF in den kommenden Jahren.
"Wir müssen unseren multilateralen Ansatz beibehalten", forderte er. "Die wirtschaftliche Wichtigkeit unserer Mitgliedsstaaten muss weiter zählen und gleichzeitig die schwächeren Länder schützen."
Diese Doppelfunktion der wirtschaftlich starken Staaten identifizierte auch Geoffrey Underhill als den entscheidenden Punkt in der künftigen weltwirtschaftlichen Entwicklung. "Die
Exportländer sind ohne Frage die Gewinner der Globalisierung, die Entwicklungsländer haben Probleme sich anzupassen." So umriss der Politikwissenschaftler die aktuelle weltwirtschaftliche Situation
aus seiner Sicht. Eine verbesserte grenzüberschreitende Zusammenarbeit könne hier Entscheidendes ändern. "Deutschland sollte die Reform der Repräsentationsprinzipien im IWF vorantreiben", forderte
Underhill. Hintergrund: Im September findet die Jahrestagung der 184 Mitglieder des IWF statt. Hier wird über die Reformvorschläge für die Quotenformel des Fonds diskutiert werden. Ziel ist ein
genaueres Bild der heutigen globalen Wirtschaftslage wieder zu geben und nicht der Wirtschaftslage Ende des Zweiten Weltkriegs als der Fonds ins Leben gerufen wurde
So wurde die Weltwirtschaft an diesem Abend zwar nicht vollständig entflochten, doch zumindest war hinterher klar, wie viel noch zu tun bleibt: in und für Deutschland.
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