Inland

Gastbeitrag: Transitzonen sind populistische Stimmungsmache

Die Spitzen der Koalition ringen aktuell um einen Kompromiss bei der Frage, wie Deutschland die steigende Zahl der Flüchtlinge bewältigen kann. Der Integrationsbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Josip Juratovic, hat dazu seine ganz eigene Meinung:
von ohne Autor · 5. November 2015
Transitzonen
Transitzonen

In dieser Stunde findet die zweite Beratungsrunde zwischen Frau Merkel, Herrn Seehofer und Sigmar Gabriel über die Errichtung von sogenannten Transitzonen statt. Die Position der SPD ist hierzu eindeutig: Wir halten nichts von der Inhaftierung von Flüchtlingen und der Inszenierung neuer, nicht ausgegorener Vorschläge, die keinem anderen Zweck als der populistischen Meinungsmache dienen.

Fußballstadien als Massenunterkünfte?

Wir haben mit dem neuen Asylpaket, das im Oktober auf den Weg gebracht wurde, die richtige Grundlage geschaffen, um die Menschen schneller zu registrieren, schneller durch das Verfahren zu bringen aber auch, um Menschen mit negativem Bescheid schnell zurückzuführen. Die Einführung von Transitzonen ist ein unausgegorener Vorschlag der CSU, der nur neue Fragen aufwirft: Wo sollen die Massenunterkünfte sein? Welche Fußballstadien wollen wir dafür kapern? Sollen wir ernsthaft im Grenzbereich, abseits größerer Städte, große Flächen bereitstellen für mehrere Tausend, vielleicht mehrere Zehntausend Menschen? Allein die Erinnerung an die katastrophale Unterbringung der Menschen nach dem Hurrikane Katrina müsste uns alle von diesem Vorschlag abbringen. Und unsere eigene Geschichte muss uns vor jeglicher Form solcher Internierungslager zurückschrecken lassen.

Der Vorschlag der SPD heißt nicht nur anders. Er ist auch anders. Wir zeigen Pragmatismus und Lösungsfokus, die angesichts der derzeitigen Lage notwendig sind. Ich hoffe, dass Sigmar Gabriel heute bei den Verhandlungen Erfolg haben wird und wir eine Weiterentwicklung der bestehenden Konzepte umsetzen können. Egal, wie das Kind dann heißt.

Mehr als Zäune und Mauern!

Mir ist wichtig: Unsere Lösungen müssen mehr als Zäune und Mauern bieten! Unabhängig von der heutigen Diskussion, kommen die wirklich wichtigen Fragen erst nach der Ankunft. Grob die Hälfte der Asylsuchenden wird bei uns bleiben. Allein in diesem Jahr ist es damit eine halbe Million Menschen, die wir zu einem aktiven Teil unserer Gesellschaft machen wollen – und das möglichst schnell! Als Integrationsbeauftragter der SPD-Bundestagsfraktion liegt mir gerade dieser integrative Aspekt besonders am Herzen. Als ehemaliger Fließbandarbeiter und Gastarbeiterkind bin ich der festen Überzeugung: Arbeit ist der beste Weg zur Integration!

Das grundsätzliche Bekenntnis hierzu hat unser Parlament bereits verabschiedet. Indem wir den Zugang zum Arbeitsmarkt bereits drei Monaten nach Asylantragstellung ermöglichen, haben wir den richtigen Rahmen geschaffen. Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Nur weil wir den richtigen Rahmen gesetzt haben, sind wir mit den notwendigen Maßnahmen noch nicht am Ende. Wir müssen früh durch das sogenannte Profiling die Qualifikationen der Geflüchteten erfassen, sie umgehend in Sprachkurse schicken und ggf. die Nachqualifizierung organisieren. Wenn wir diese Schritte verpassen, zahlen wir im Nachgang einen viel zu hohen Preis. Gerade die ersten Monate sind ganz entscheidend im Prozess der Integration.

Die ehrenamtlichen Helfer vor Ort haben wenig Verständnis, wenn die derzeitige Lage für Populismus benutzt wird. Wir müssen Schritte auf den Weg bringen, die tatsächlich für Flüchtlinge und Helfer nützlich sind. Die CDU/CSU bleibt uns hier Antworten schuldig.

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