Fake News: Der moderne Wahlkampf im Bann der Fiktion
Vor einigen Wochen berichtete vorwärts.de über den Erlass einer einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Hamburg. Diese richte sich gegen die Junge Union (JU) Bayern, die einen gefälschten Tweet von Martin-Schulz veröffentlicht hatte. Im Zuge des Eilverfahrens wurde sie vor die Wahl gestellt: Bleibt die Entfernung des Tweets aus, droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro. Die JU reagierte umgehend, löschte den Post kommentarlos von ihrer Seite.
Falsches bedarf der Korrektur
Trotz des klaren Urteils: Eine explizite Gesetzesgrundlage zum Umgang mit Fake News fehlt bis heute. Stattdessen bedarf es einer Einzelfallbetrachtung der individuell beeinträchtigten Rechte. Ist eine einzelne Person von einer Falschmeldung betroffen, kommt eine Verletzung der allgemeinen Persönlichkeitsrechte in Form einer üblen Nachrede oder einer Verleumdung in Betracht. Herausragenden Schutz genießen Personen des politischen Lebens. Die für den Verfasser der herabwürdigenden Meldung vorgesehene Sanktion wird nicht unerheblich angehoben. Der Beeinträchtigte verfügt indes über das Recht auf Gegendarstellung und Berichtigung. Falsches bedarf also einer Korrektur.
Essentiell ist aber nicht nur, dass gänzlich Unwahres auch vollumfänglich widerrufen wird. Fundamental ist außerdem die Distanzierung des Urhebers von dessen unrichtigen Inhalten. Die JU wies die Verantwortung größtenteils von sich, behauptete, den Fake-Tweet hinreichend kenntlich gemacht zu haben. Klar ist: die JU bediente sich bewusst einer gefälschten Schulz-Aussage.
Einfach wie nie: gezielte Desinformation und politische Sabotage
Weil auch die nachträglich gelöschte Meldung vielen im Gedächtnis bleiben dürfte, eignen sich solche Aktionen hervorragend als Mittel zur Wahlmanipulation – kann ihre Wirkung doch durch einstweilige Verfügung und strafbewehrte Unterlassungserklärung kaum begradigt werden. Genau darum geht es den allermeisten Verfassern von politischen Fake News. Begünstigt durch die Dynamik des World Wide Web wird die Unterscheidung zwischen seriösen und unseriösen Quellen fortwährend schwieriger. Immer häufiger werden lediglich die Überschriften gelesen, die kritische Auseinandersetzung leidet. Hinzu kommt: Durch sogenannte „Bots“ lassen sich Falschmeldungen nunmehr vollautomatisch verbreiten. Noch nie zuvor waren gezielte Desinformation und politische Sabotage so einfach.
Offen ist, ob das unter Federführung von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erarbeitete Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) der Verbreitung von Falschmeldungen im Netz tatsächlich Einhalt bieten kann. Das Gesetz soll Betreiber von Social-Media-Portalen verstärkt für die dort veröffentlichten Inhalte zur Verantwortung ziehen. Kommt es nicht zur unverzüglichen Löschung gesetzeswidriger Postings, sind Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro vorgesehen. Doch nicht alle befürworten das Gesetz. Kritiker monieren, dass die Entscheidung darüber, welche Inhalte strafbar sind und welche nicht, wann es sich um Fake News handelt und wann nicht, Konzernen statt geschulten Richtern übertragen wird. Befürworter weisen darauf hin, dass genau das schon jetzt der Fall sei. Unterstützer der „Deklaration für Meinungsfreiheit“ wiederum warnen, Webseitenbetreiber könnten aus Furcht vor hohen Geldbußen Inhalte voreilig löschen.
Medien nutzen - aber richtig
Grundsätzlich stellt aber die Unübersichtlichkeit der schier unendlichen Masse an Informationen und Postings die größte Hürde bei der Bekämpfung von Fake News dar. Die frühzeitige Heranführung junger Menschen an den verantwortungsbewussten Medienkonsum ist daher eine unumgängliche Forderung, wenn den Folgen von Fake News begegnet werden soll.
Weitere Informationen zum Thema „Fake News“ hat der Berufsverband der Rechtsjournalisten hier zusammengefasst. Zusätzlich bietet das Ratgeberportal www.anwalt.org viele weitere Informationen zu aktuellen Brennpunktthemen auf verschiedenen Rechtsgebieten.
ist als freie Journalistin für verschiedene Verbände tätig. Schwerpunkte ihrer Artikel bilden die Themen Fake News, Datenschutz, Erbrecht und Cyberkriminalität.