Anders als etwa die Dänen können sich die Friesen nicht auf die Herkunft aus einem eigenen Staatsgebilde berufen. Insofern kann zurecht eine Parallele zu den Sorben gezogen werden. Deshalb war
es ein langer, noch heute andauernder Prozess, bis die friesische Kultur offiziell als eigenständig anerkannt wurde. Auch in diesem Fall waren es die Sozialdemokraten, die entscheidende
Verbesserungen für die Friesen mit auf den Wege gebracht haben. So legte der damalige Minderheitenbeauftragte der Regierung Engholm, Kurt Hamer, ein "Modell Nordfriesland" vor, in dem neue
Aspekte für Schutz und Förderung der Friesen entwickelt wurden und das für lange Zeit handlungsleitend sein sollte.
Friesengremium kümmert sich um die Belange der Minderheit
Angesiedelt beim Schleswig-Holsteinischen Landtag nahm 1988 das "Gremium für Fragen der friesischen Volksgruppe im Lande Schleswig-Holstein", kurz: Friesengremium, seine Arbeit auf; ihm
gehören neben Vertretern der Friesen auch Landtags- und Bundestagsabgeordnete sowie Verwaltungsvertreter an. Das Gremium ist ein Beirat, der sich um alle Belange der friesischen
Minderheitenpolitik kümmert. Insbesondere der Minderheitenbeauftragte Kurt Schulz (SPD) setzte durch, dass sich auch der Bund friesischer Projekte annahm und finanziell half. Damit wurde erstmals
die nationale Dimension der Minderheitenpolitik deutlich. Die friesische Sprache erhielt ihren Platz im Rahmen der "Europäische Sprachencharta", die Minderheiten- und Regionalsprachen nicht nur
schützt, sondern auch im öffentlichen Leben stärker verankern will. Heute gibt es z.B. friesischsprachige Ortsschilder und die Sprache ist bei Gericht zugelassen.
In Flensburg und Kiel gibt es Professuren für Friesisch, in Bredstedt mit dem Nordfriesischen Institut eine weitere wissenschaftliche Einrichtung zur Erforschung von Sprache und Kultur.
Seit 1990 genießen die Friesen den besonderen Schutz der Landesverfassung. Die europäische Seite der friesischen Volksgruppe wird in den engen Beziehungen zu den niederländischen Westfriesen
sichtbar; deshalb hat die Nord-SPD den Aufbau einer neuen Nordseekooperation vorgeschlagen, der eine enge Zusammenarbeit der Nordsee-Anlieger, insbesondere Niedersachsen, den Niederlanden,
Großbritannien sowie Norwegen und Dänemark umfasst. Aufgrund der historischen Entwicklung können die Friesen hier kulturelle Brückenbauer werden. Die Sozialdemokratie kämpft zusammen mit den
Friesen und den anderen Minderheiten schon lange für die Verankerung eines Minderheitenschutzartikels im Grundgesetz. Dieser Schritt würde die nationale Verantwortung für die vier nationalen
Minderheiten/Volksgruppen in Deutschland festschreiben.
Rolf Fischer ist Mitglied des schleswig-holsteinischen Landtags und minderheitenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.
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