Der Euro kämpft ums Überleben. Dabei gehe es um alles oder nichts, sagt der ehemalige Bundesminister und Generalsekretär der CDU, Heiner Geißler. Er ist sicher, dass ein Zurück zur D-Mark in die Katastrophe führen würde. Genau deshalb brauche es ein Konzept für die Zukunft.
Märkte oder Menschen?
Und das hat der Volksökonom Peter Bofinger zu Papier gebracht. Unter dem Titel „Zurück zur D-Mark? Deutschland braucht den Euro“ hat der Wirtschaftsweise einen Appell für ein starkes Europa geschrieben und es am Dienstag in den Räumen der Bundespressekonferenz in Berlin vorgestellt. „Das Buch kommt zur richtigen Zeit“, sagt Geißler und empfiehlt es als Pflichtlektüre für Markus Söder, Alexander Dobrindt, für die bayerische Staatskanzlei und die deutsche Publizistik. „Wer soll unsere Zukunft bestimmen?“, fragt er und fügt hinzu: Märkte oder Menschen?“
Nein zur D-Mark
Bofinger erklärt, dass es zur Zeit drei große Krisenherde gebe. Eine Staatsschuldenkrise, bedingt durch die Verschuldung, eine makroökonomische Krise, bedingt durch Sparprogramme, die wiederum zu Einnahmeausfällen beim Staat führen und eine Bankenkrise. Die Bundesregierung kritisiert er für ihre "Politik des Durchwurstelns“: Der Versuch, den Status quo durch immer neue Rettungsmaßnahmen zu stabilisieren werde scheitern, ist er überzeugt. Gleichzeitig warnt er vor der Rückkehr zur D-Mark: Mit einem Zurück zur nationalen Währung sei die deutsche Wirtschaft "nicht aus dem Schneider", im Gegenteil: Ihr Schicksal läge mehr denn je in den Händen völlig unkalkulierbarer Finanzmärkte.
Euro 2.0
Den Lösungsweg sieht Bofinger in einer Währungsunion mit stabiler Struktur. Er fordert eine einheitliche Geldpolitik unter der Regie eines demokratisch legitimierten europäischen Finanzministers, ein sicheres Bankensystem durch eine gemeinsame Bankenaufsicht und eine Gemeinschaftshaftung. Stabile öffentliche Finanzen seien nur durch tragbare Zinsen zu erreichen, erklärt er und fragt: "Warum muss Italien sechs Prozent Anleihezinsen zahlen und das nicht weniger defizitäre Großbritannien nur 1,5 Prozent?".
Gegen das Kaputtsparen
Vor allem aber müsse das Kaputtsparen dringend beendet werden, ist der Ökonom überzeugt. Finanzielle Hilfen an Sparmaßnahmen zu koppeln, sei falsch. In Ländern, die schwach sind, sollten Sparmaßnahmen so lange ausgesetzt werden, bis die Konjunktur wieder läuft, ansonsten könnten diese Länder nicht aus der Krise kommen, erklärt Bofinger.
Heiner Geißler stimmt zu: "Sparen verschärft das Grundproblem und verstärkt die Ungleichheit". Bofinger: "Das Geld landet bei Menschen, die es nicht mehr ausgeben können". Und wenn die private Nachfrage fehlt, steigt die Staatsverschuldung, fügt er hinzu. Zu einem nachhaltigen Entwicklungsmodell kann die Weltwirtschaft aber nur dann zurückfinden, „wenn die Einkommen weltweit gerechter verteilt werden.“
Buchinfo:
Peter Bofinger: Zurück zur D-Mark? Deutschland braucht den Euro, Droemer Verlag 2012, 192 Seiten, 18 Euro.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.