Inland

EU-Regierungschefs nominieren Juncker

von Carl-Friedrich Höck · 27. Juni 2014

Das lange Ringen um den künftigen EU-Kommissionspräsidenten ist beendet. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben am Freitag in Brüssel Jean-Claude Juncker für das Amt vorgeschlagen. Außerdem schlossen sie historische Abkommen mit der Ukraine, Georgien und Moldau. 

Der ehemalige Ministerpräsident Luxemburgs Jean-Claude Juncker wird der nächste Präsident der EU-Kommission. Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben ihn am Freitag für dieses Amt nominiert. Bei einer Abstimmung erhielt er 26 von 28 Stimmen. Nur Großbritannien und Ungarn stimmten gegen Juncker. Gewählt wird der EU-Kommissionspräsident von dem Europäischen Parlament. Dort gilt eine Mehrheit für Juncker als sicher.

Die konservative Parteienfamilie EVP, der auch die deutschen Unionsparteien angehören, hatte Juncker im Europawahlkampf als Spitzenkandidaten aufgestellt. Doch obwohl die EVP im Europaparlament nun die stärkste Fraktion stellt, war lange offen, ob Juncker auch tatsächlich das Amt des Kommissionspräsidenten übernehmen würde. Nach der Wahl hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel plötzlich betont, es gebe keinen Automatismus, dass der erfolgreiche Spitzenkandidat auch tatsächlich Chef der EU-Regierung werde.

Auch andere konservative Regierungschefs hatten sich zunächst gegen Juncker ausgesprochen. Allen voran der britische Premier David Cameron und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, die auch am Freitag gegen Juncker gestimmt haben. Schweden und die Niederlande hatten ihren Widerstand vor dem Gipfeltreffen aufgegeben.

In der Debatte ging es offenbar auch um die Grundsatzfrage, wie viel Macht die Regierungschefs dem EU-Parlament zugestehen wollen. Dort steht eine breite Mehrheit hinter Juncker. Die europäischen Sozialdemokraten hatten sich früh festgelegt, einen Kommissionspräsidenten nur mitzuwählen, wenn dieser auch von den Wählern legitimiert ist. De facto bedeutet das: Der Spitzenkandidat der Parteienfamilie, die nach der Wahl die stärkste Fraktion stellt, soll auch Kommissionspräsident werden.

Historische Abkommen

Nicht nur über Personalien wurde auf dem EU-Gipfel am Freitag gesprochen. In Brüssel wurden gleich mehrere Abkommen von historischer Bedeutung geschlossen. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko unterzeichnete einen Handelsvertrag mit der EU. Dieser sieht einen weitgehenden Verzicht beider Seiten auf Zölle für Handelswaren vor.

Der Vertrag ist Teil eines Assoziierungsabkommens und sollte eigentlich schon im November 2013 unterzeichnet werden. Der damalige ukrainische Präsident Victor Janukowitsch hatte das Abkommen aber kurzfristig platzen lassen – und damit die Proteste ausgelöst, die letztlich zu seinem Sturz führte. Der politische Teil des Assoziierungsabkommens wurde bereits am 21. März unterzeichnet. Petro Poroschenko betonte am Freitag, die Ukraine unterstreiche mit dem Abkommen ihren Wunsch, künftig in die EU aufgenommen zu werden.

Auch mit Georgien und Moldau haben die europäischen Staats- und Regierungschefs am Freitag Assoziierungsabkommen geschlossen. Der russische Vize-Außenminister Grigori Karassin regierte verärgert. „Die Folgen der Unterschriften der Ukraine und der Republik Moldau werden zweifellos ernst sein“, sagte er.

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben ihrerseits Russland ein Ultimatum gestellt. Bis Montag müsse das Land Schritte unternehmen, um die Lage im Osten der Ukraine zu entspannen, forderten sie. Andernfalls könnten weitere Sanktionen gegen Russland verhängt werden.

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Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

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