Inland

Erneuerbare Energien in Deutschland: Wie weiter nach Paris?

Im Dezember wurde in Paris ein ambitioniertes Klimaabkommen unterzeichnet. Beobachter waren sich einig, dass sich erst in der Umsetzung der tatsächliche Erfolg des Vertrags zeigen wird. In Deutschland kommt die Diskussion über die notwendigen Schritte jetzt langsam in Gang.
von Marian Bichler · 2. Februar 2016
Krafwerkt Boxberg
Krafwerkt Boxberg

Noch hat das von Umweltministerin Barbara Hendricks als historisch bezeichnete Klimaschutzabkommen in Deutschland ein eher verhaltenes Echo erzeugt. Das international beschlossene Ende des fossilen Zeitalters kommt erst langsam in der Politik an. So stoßen Forderungen nach einem Masterplan zur Beschleunigung des Kohleausstiegs bei Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf Ablehnung. „Ich halte es für etwas zu ambitioniert, schon 2016 die energiewirtschaftliche Lage im Jahr 2050 präzise beschreiben zu wollen“, sagte er auf der vom „Handelsblatt“ organisierten Jahrestagung der Energiewirtschaft Mitte Januar in Berlin.

Hendricks verspricht Förderung der Lausitz

Umweltministerin Barbara Hendricks sieht das naturgemäß etwas anders. „Das Pariser Abkommen wird eine Dynamik auslösen, die wir uns bislang noch gar nicht vorstellen können“, ist sie überzeugt. Hendricks will einen Prozess in Gang setzten, „der das Pariser Abkommen mit Leben füllt und den Wohlstand unseres Landes dauerhaft sichert“. In den kommenden Monaten soll der „Klimaschutzplan 2050“ vorgestellt und vom Kabinett beschlossen werden. Deshalb ist die Umweltministerin vergangene Woche ins Lausitzer Braunkohlerevier gefahren und hat den Vattenfall-Betriebsräten eine Förderung für den bevorstehenden Strukturwandel in Aussicht gestellt. Der Energiestandort soll erhalten bleiben – aber mit neuen Technologien.

„Politik muss den Wandel aktiv gestalten. Wir müssen langfristige Perspektiven anbieten und verlässliche Anreize setzen“, betonte Hendricks einige Tage später bei einer  Podiumsdiskussion in der Friedrich-Ebertstiftung (FES) mit dem Titel „Wie weiter nach Paris“. Es brauche einen nationalen Kohlekonsens, der einen angemessenen Ausstiegspfad beschreibt.

Nationaler Plan für einen gerechten Wandel

Sharan Burrows, Generalsekretärin des internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) unterstützte Hendricks’ Position: „Für einen gerechten Wandel brauchen wir einen nationalen Plan. Es gibt sehr viele neue Energiejobs, aber das muss gut verhandelt werden. Vor allem verlangen wir Respekt für die Kohlekumpels, die unseren Wohlstand erarbeitet haben“, sagte sie.

Jenseits von tagesaktuellen Konfliktlinien wurde auf der FES-Veranstaltung klar, dass Deutschland nicht nur bei der Energiewende, sondern auch bei der Umsetzung des Pariser Abkommens unter internationaler Beobachtung steht. Gelingt einem der großen Industrieländer der Wandel in Richtung Treibhausgasneutralität, lautet die alles entscheidende Frage. „Uns wurde in vergangenen Jahren oft entgegengehalten, Deutschland sei beim Klimaschutz ein einsamer Rufer in der Wüste“, so Barbara Hendricks. Das Gegenteil sei heute der Fall. In China erleben die Erneuerbaren einen Boom. Brasilien habe sich ambitionierte Klimaziele gesetzt, ebenso Kanada und viele andere mehr.

Positive Wahrnehmung entscheidend für Erfolg der Energiewende

Gerade in vielen ärmeren Entwicklungsländern gibt es aber noch ungeheueren Nachholbedarf. Thomas Hirsch, Berater in Klima- und Entwicklungsfragen, wies bei der FES-Veranstaltung darauf hin, dass Technik, Finanzierung und Wissen zum Aufbau einer erneuerbaren Energieversorgung zur Verfügung gestellt werden müssten. Vor allem aber könne von Deutschland gelernt werden, dass Technologien in einen sozialen Kontext eingebettet werden müssten. Die positive gesellschaftliche Wahrnehmung klimafreundlicher Lösungen sei der ausschlaggebende Faktor für den Erfolg.

In dieser Hinsicht bestehen durchaus Parallelen zwischen Bangladesh und Brandenburg. Die Überzeugung, dass die Energiewende, und damit der wichtigste Brückenpfeiler des Klimaschutzes, gelingen kann, teilen längst nicht alle energiepolitischen Protagonisten. Es wäre deshalb sicherlich interessant, und wahrscheinlich für alle Beteiligten leerreich, wenn Sharan Burrows vom Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB)  mit Vertretern hiesiger Gewerkschaften wie der IG BCE diskutieren würde. Ihre provozierende These lautet: „Der Kohleausstieg wird viel schneller kommen, als man sich vorstellen kann. Zehn, fünfzehn Jahre, das war’s dann.“

0 Kommentare
Noch keine Kommentare