Inland

Einblicke in Zschäpes Gefühlsleben

von Thomas Horsmann · 5. Juli 2013

Bislang schweigt Beate Zschäpe eisern. Doch das wollte die Hauptangeklagte im NSU-Prozess offenbar nicht von Anfang an. Das zumindest sagten drei Kriminalbeamte vor dem Oberlandesgericht in München aus, die sich mit der einzigen noch Lebenden aus dem NSU-Trio unterhalten konnten. Ein Wochenrückblick.

Was in Beate Zschäpe vorgeht, kann niemand sagen. Sie schweigt. Sie zeigt im NSU-Prozess fast keine Regungen, verschränkt allenfalls einmal die Arme vor der Brust oder schaut zur Decke. Manchmal scherzt sie mit ihren Anwälten.

Der Mitangeklagte Ralf Wohlleben, der sie gut kennt, schweigt ebenfalls. Um doch etwas über Zschäpe und ihre Gefühlswelt zu erfahren, muss sich das Oberlandesgericht München mit Aussagen von Menschen begnügen, die mit ihr gesprochen haben.

Drei Kriminalbeamte hatte Gelegenheit, sich länger mit Beate Zschäpe zu unterhalten. Sie wurden in der siebten Verhandlungswoche als Zeugen vernommen. Sie waren mit Zschäpe in Vernehmungspausen oder bei Überführungsfahrten ins Gespräch gekommen. Bei den ersten Gesprächen, kurz nachdem sie sich gestellt hatte, hatte Zschäpe noch keinen Anwalt und wollte deshalb zu den ihr zur Last gelegten Verbrechen nichts sagen. Dennoch fertigten die Beamten, die mit ihr plauderten, darüber Aktenvermerke an. Ein Verhalten, das Zschäpes Verteidiger kritisierten, was aber offenbar dennoch legal war.

Zschäpe dachte an Selbstmord

So erfährt das Gericht von den Kriminalbeamten, dass Zschäpe sich mit ihrer Mutter nicht gut verstanden habe. Sie sei ein „Oma-Kind“ gewesen. Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hätten dagegen eine behütete Kindheit gehabt. Sie könne sich deshalb nicht erklären, wie die beiden „so“ geworden seien. Von den beiden sei sie „nie“ zu etwas gezwungen worden.

Die beiden Uwes seien ihre Familie gewesen, „ihr Leben“. Nach dem Selbstmord der beiden, habe sie deren Mütter darüber informiert. Sie habe dann ebenfalls daran gedacht sich umzubringen, ihr habe aber die Kraft dazu gefehlt.

Offenbar war Zschäpe zunächst dazu bereit gewesen, umfassend auszusagen. Sie habe sich nicht gestellt, „um nicht auszusagen“, sagte sie einem Kriminalbeamten in Karlsruhe.

Anwalt empfahl zu schweigen

Monate später erzählte sie einem anderen Kriminalbeamten bei einem Gefangenentransport, dass ihr Anwalt ihr empfohlen habe, zu schweigen. Dabei sei sie eine, die zu ihren Taten stehe. Eigentlich wolle sie aussagen, um sich bei ihrer Großmutter zu entschuldigen. Insgesamt habe sie sich damals sehr unzufrieden mit der Arbeit ihrer Anwälte gezeigt, die zu wenig machen würden.

Während der Fahrt habe man auch über das Schicksal von RAF-Terroristen gesprochen, die zu Aussagen bereit gewesen seien. Susanne Albrecht zum Beispiel sei schon nach sechs Jahren frei gekommen, während andere RAF-Mitglieder viel länger gesessen hätten. Das habe Zschäpe wohl nachdenklich gestimmt.

Der Kriminalbeamte betonte, dass dieses Gespräch keine Vernehmung gewesen sei. Darüber habe er Zschäpe vorher aufgeklärt. Auch darüber, dass er später Aktenvermerke anfertigen werde. Sie habe geantwortet, dass sie genau wisse, was sie sagen könne.

Woher kamen die Mordwaffen?

Der 19. Verhandlungstag stand ganz im Zeichen der Mordwaffen. Vor Jahren hatten Carsten S. und Holger G. dem Trio je eine Waffe überbracht, das hatten beide eingeräumt. Doch welche es waren, konnten sie nicht sicher sagen. Carsten S. hatten die Ermittler deshalb eine Auswahl Waffen zur Identifizierung vorgelegt.

Doch ob die Mordwaffe, eine Ceska 83, tatsächlich identifiziert wurde, blieb an diesem Tag unklar. Der Grund: Das BKA hatte Carsten S. ausschließlich baugleiche Versionen der Waffen vorgelegt, die in den Verstecken des NSU-Trios gefunden worden waren. Warum nicht auch andere, ähnliche Waffen, die nichts mit dem Fall zu tun hatten, vorgelegt worden waren, konnte der als Zeuge geladene Kriminalbeamte nicht erklären. Für Verwirrung sorgte außerdem, dass die Waffen, die das BKA dem Gericht vorlegte, offenbar nicht dieselben Waffen waren, die Carsten S. gesehen hatte. So blieben Zweifel an der Identifizierung der Ceska 83. Das Gericht wird sich weiter damit befassen.

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Thomas Horsmann

ist freier Journalist und Redakteur.

 

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