Inland

Ein Verkehrsmanager geht

von Stefan Grönebaum · 3. Juli 2006
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Am 30. Juni hatte Dieter Ludwig seinen letzten Arbeitstag. Mehr als 30 Jahre lang leitete der jetzt 67-jährige Verkehrsmanager die Karlsruher Verkehrsbetriebe. Weit über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt gemacht hat ihn die eben so einfache wie geniale Idee, das Schienennetz der Deutschen Bahn für die Straßenbahn zu nutzen. Am 5. Oktober 1979 wurde erstmals eine 1,5-Kilometer lange Bahnstrecke genutzt. Die Zeiten, in denen Karlsruhes Nahverkehr als zu teuer, zu langsam, kurz zu unattraktiv galt, waren vorbei. Und das Rsultat kann sich sehen lassen: Wurden 1975 nur 57 Millionen Fahrten gezählt, waren es 2005 genau 104 Millionen oder knapp das doppelte. Dabei ist das Schienennetz gewaltig gewachsen: Von 80 auf 600 Streckenkilometer. Karlsruhe wurde zum Mekka für Nahverkehrsfans und -macher.

Man muss die Bahn zu den Menschen bringen, predigte Ludwig und versuchte das gleich ein zweites Mal: Da die Karlsruher sich beschwerten, dass die Tram die Fußgängerzone zerschneide, schlug der selbstbewusste Nahverkehrsmann vor, die Fußgängerzone zu untertunneln. 1996 lehnten die Bürger seine sog. "U-Strab" mit großer Mehrheit ab, im zweiten Versuch schaffte es Ludwig im Jahr 2000: Die bürger akzeptierten die Untertunnelung, kombiniert mit der Umwandlung einer der Hauptverkehrsadern in einen schönen Grünzug. Nur die Finanzierung des 500-Millionen euro-Projekts ist noch nicht geklärt. Damit muss sich der an diesem Sonntag mit 55 Prozent im Amt bestätigte CDU-OB Heinz Fenrich herumschlagen. Ludwig, der lange Jahre Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) war, ging zum 30. September in (Un-)Ruhestand. Seine Stadt machte ihn zum Ehrenbürger. "Jetzt darf ich endlich einmal umsonst in den städtischen Zoo" flachste der Geehrte.

Stuttgarter Zeitung vom 3. Juli 2006

Autor*in
Stefan Grönebaum

war von 1994 bis 1998 Büroleiter und Persönlicher Referent des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Fikentscher.

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