Inland

DJV-Chef Überall kritisiert „gezielte Einschränkung der Pressefreiheit“ bei AfD-Parteitag

Die AfD hat zahlreichen Journalisten den Zugang zu ihrem Bundesparteitag in Köln verwehrt – für den Vorsitzenden des Deutschen Journalistenverbands (DJV) Frank Überall „ein klarer Verstoß gegen die Pressefreiheit“. Der DJV hat deshalb ein „alternatives Medienzentrum“ im Parteitagshotel eingerichtet.
von Kai Doering · 20. April 2017
DJV-Chef Frank Überall: Nicht von der AfD provozieren lassen
DJV-Chef Frank Überall: Nicht von der AfD provozieren lassen

Erneut wurde Journalisten der Zugang zum AfD-Bundesparteitag verwehrt. Wie bewerten Sie das?
 
Das ist völlig inakzeptabel. Die Begründung, dass das aufgrund der Brandschutzbestimmungen nötig wäre, ist an den Haaren herbeigezogen. Der AfD ging und geht es darum, missliebige Journalistinnen und Journalisten einfach auzusperren. Das ist ein klarer Verstoß gegen die Pressefreiheit und einer Partei nicht würdig, die als demokratisch wahrgenommen werden will. Es ist ja nicht das erste Mal, dass Medienvertreter von der AfD an ihrer Arbeit gehindert werden. Um unabhängig berichten zu können, muss man sich vor Ort auch ein Bild von der Lage machen und mit Delegierten sprechen können. Das wird gegenüber vielen Journalistinnen und Journalisten systematisch unterbunden. Machen wir uns doch mal klar, was das konkret bedeutet: Das ist eine gezielte Einschränkung der Pressefreiheit, die im Grundgesetz verbrieft ist, die also Verfassungsrang hat. In diesem Sinne sehe ich die AfD also als verfassungsfeindlich. Nicht nur als DJV-Bundesvorsitzender, sondern auch als Medien- und Sozialwissenschaftler, wünsche ich mir, dass wir in der Gesellschaft und in der Politik verstärkt darüber diskutieren, wie verfassungstreu diese Partei ist. In Bezug auf die Pressefreiheit kann ich eine solche Verfassungstreue, wie sie für eine demokratische Partei notwendig ist, nicht erkennen.
 
Der Parteitag findet im Kölner Maritim-Hotel statt. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat dort ein „alternatives Medienzentrum“ eingerichtet. Was muss man sich darunter vorstellen?
 
Uns geht es darum, auf die Problemlage unseres Berufsstandes aufmerksam zu machen. Deshalb haben wir bewusst und frühzeitig einen Raum in dem Maritim-Hotel reserviert, um als gewerkschaftlicher Ansprechpartner für die Kolleginnen und Kollegen da zu sein, die bei der AfD nicht erwünscht sind und abgewiesen werden. Bei einer guten Tasse Kaffee werden wir Erfahrungen austauschen. Wir stehen für Interviews zur Verfügung und geben eine Pressekonferenz. Und wir werden die Kolleginnen und Kollegen, die bei der AfD abgewiesen wurden und sich öffentlich dazu äußern wollen, mit Hilfe von sozialen Netzwerken entsprechend die Gelegenheit dazu geben. Wir finden es wichtig, darauf aufmerksam zu machen, wenn Medien nicht mehr frei arbeiten können, weil die AfD es so will. Dagegen zu protestieren, ist unsere Aufgabe als Gewerkschaft und Berufsverband.
 
Das Hotel soll am Samstag nur für Gäste und Mitglieder der AfD zugänglich sein. Wie wollen Sie Journalisten den Zugang zu Ihrem Medienzentrum ermöglichen?
 
Reguläre Hotelgäste wird es kaum geben, weil Medienberichten zufolge das Hotel-Management diese Menschen „ausgeladen“ hat. Mit dem bundeseinheitlichen Presseausweis werden Journalistinnen und Journalisten aber Zugang zum Maritim-Hotel als Tagungsstätte der AfD haben. Die Partei hat ihr Hausrecht eben nur in den Tagungsräumen und nicht in dem Café, das für uns reserviert ist. Der Presseausweis ist hier also die Eintrittskarte, denn er steht für hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten.
 
Die AfD spricht gerne von der „Pinocchio-Presse“. Wie sollten Journalisten mit der Partei umgehen?
 
Wir dürfen uns davon nicht provozieren lassen, sondern müssen ruhig und sachlich argumentieren. Populistische Provokation gehört zum Konzept der AfD. Medienkritik ist im gesellschaftlichen Diskurs durchaus anschlussfähig. Dem darf man sich nicht verweigern. Wo es aber darum geht, die Medien bzw. uns Journalistinnen und Journalisten pauschal zu diskreditieren, legt sich die AfD nicht nur mit einem Berufsstand an: Sie unterminiert die Pressefreiheit und zeigt damit ihr wahres Gesicht in Sachen Verfassungstreue. Darüber muss aus meiner Sicht auch berichtet werden.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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