Inland

Die Mitte ist rot-grün

von Uwe Knüpfer · 27. März 2011
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Die größten Gewinner des Wahltags sind die Grünen. Ihre Erfolge waren "nach Fukushima" zu erwarten. Sie sind zum Teil verdient, zum Teil Ausdruck vager Hoffnungen, zum Teil alter Unentschiedenheit der SPD geschuldet. Das sollte eine Lehre sein.

Die Grünen sind in der veröffentlichten Wahrnehmung die "Anti-Atom-Partei" schlechthin. Dabei gäbe es diese Partei womöglich nicht, wäre die SPD in den 1970er Jahren Erhard Eppler gefolgt. Die baden-württembergische SPD hat immerhin schon 1975 (!) den Ausstieg aus der Atomwirtschaft gefordert. Die Bundespartei folgte erst elf Jahre später, "nach Tschernobyl". Da waren die Grünen schon gegründet und in Parlamente eingezogen. Das hat in den Ergebnissen dieser Landtagswahlen Spuren hinterlassen.

In Rheinland-Pfalz feiert sich die CDU dafür, dass sie einige Stimmen dazugewonnen hat - bewusst übersehend, dass die FDP dafür untergehen musste. Leider ist zu befürchten, dass der Wahlkampf der Mainzer CDU jetzt im schwarzgelben Lager Schule machen wird. Julia Klöckner hat einen Schmutzwahlkampf nach US-amerikanischem Vorbild hingelegt. Sie hat bei Wählern, die nur flüchtig hinsehen und hinhören - und davon gibt es immer mehr als einige - , erfolgreich den Eindruck erweckt, Kurt Beck habe "irgendwie" Dreck am Stecken. Das war zutiefst unredlich und unanständig, hat sich aber vermeintlich gelohnt.

Guido Westerwelle hat am Wahlabend gesagt: "Wir haben verstanden." Die Frage ist: Was haben Union und FDP verstanden? Welche Lehren ziehen sie aus den Niederlagen von Stuttgart und Mainz? Schwenken sie tatsächlich ins Lager der Energiewender ein? Oder setzen sie nur auf eine geschicktere Variante des Tarnen und Täuschens?

Union und FDP sind Atomparteien. Sie haben sich bewusst dazu gemacht. Sie sind personell eng verwoben mit der Atomwirtschaft. Wer das für übertrieben hält, sollte in der Wochenzeitung "Die Zeit" nachlesen, wie die Energieriesen 2010 die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke durchgesetzt haben. "Die Zeit" dokumentiert, wer sich wann für was hat einspannen lassen. Die Quintessenz dieser gründlichen Recherche lautet: Die Atomwirtschaft kann sich auf ihre schwarzgelben Hilfstruppen in Parlament und Verwaltungen verlassen. Diese Hilfstruppen sind "nach Fukushima" nicht in Pension gegangen, sondern nur in Deckung. Wachsamkeit bleibt angesagt.

Doch wer am Samstag unter den Hunderttausenden war, die gegen die Atomwirtschaft demonstriert haben, weiß, und das ist sehr beruhigend: Hier waren wachsame Wähler unterwegs, keine nur zeitweilig entflammten "Wutbürger". Hier waren Menschen unterwegs, die gründlich nachgedacht und sich entschieden haben. Sie sind mit Tricks nicht zu täuschen.

Auch deshalb kann die neue rot-grüne Mehrheit solide sein. Sie sammelt sich nicht am Rand der Gesellschaft, sondern sie reicht von Gewerkschaftern zu Landfrauen, zu ihr gehören Studenten und Unternehmer, Junge und Alte, sie ragt tief ins sogenannte bürgerliche Lager hinein.

Der Wahlabend von Stuttgart und Mainz hat gezeigt: Die Mitte ist rot-grün.

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