Inland

"Die Lebensbedingungen sind in manchen Ländern katastrophal"

von Carl-Friedrich Höck · 29. April 2013

Die EU-Staaten haben sich auf gemeinsame Regel für den Umgang mit Asylsuchenden geeinigt. In der vergangenen Woche stimmte ihnen auch der Innenausschuss des Europäischen Parlaments zu, dem die SPD-Europaabgeordnete Birgit Sippel angehört. Im Interview erklärt sie, was sich nun ändert.

Nach 14 Jahren Verhandlungen haben sich die EU-Staaten auf gemeinsame Regeln für den Umgang mit Asylsuchenden geeinigt. Warum war das notwendig?

Die Regeln für die Aufnahmeverfahren sind in den EU-Ländern sehr unterschiedlich, und die Lebensbedingungen von Flüchtlingen sind in einigen Ländern katastrophal. Deshalb wollten wir zumindest annähernd einheitliche Standards schaffen.

Was kam bei den Verhandlungen heraus?

Wir haben uns nun unter anderem auf zwei Richtlinien geeinigt. In der einen Richtlinie geht es darum, wie das Aufnahmeverfahren abläuft und in welcher Frist der Antrag beschieden werden muss. Die zweite Richtlinie regelt zum Beispiel die Versorgung und die Wohnbedingungen für Asylbewerber. Aus deutscher Sicht wird sich wenig ändern. Aber für viele Flüchtlinge, die im Süden Europas ankommen, bringen die neuen Regeln Verbesserungen.

Was ändert sich bei den Asylverfahren?

Die Verfahrensrichtlinie legt fest, dass jeder Asylbewerber persönlich angehört werden muss, wenn er einen Antrag stellt. Das war bisher nicht in allen Mitgliedsländern gesichert. Die Verfahrensschritte müssen den Bewerbern in einer verständlichen Sprache erläutert werden und sie bekommen eine juristische Beratung. Festgelegt haben wir auch, dass Minderjährige, die ohne ihre Eltern oder andere Angehörige ankommen, eine besondere Unterstützung erhalten.

Und welche Standards gelten nun, was die Versorgung der Flüchtlinge betrifft?

Die Aufnahmerichtlinie macht deutlich, dass die Unterbringung von Asylbewerbern besondere Rücksicht nehmen muss auf die Situation von allein reisenden Frauen, Familien oder unbegleiteten Minderjährigen. Letztere brauchen zum Beispiel Betreuung und Schulbildung.Asylsuchende sollen zudem einen schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen und genauso wie die Einheimischen behandelt werden, wenn es um die soziale Mindestabsicherung geht.

Was ändert sich noch mit dem beschlossenen Asylpaket?

Wir haben mit dem neuen Paket eine Gleichstellung erreicht von Asylbewerbern und Personen mit subsidiärem Schutz. Das sind Menschen, bei denen das Asylrecht nicht greift, die aber zum Beispiel aufgrund von Bürgerkriegen einen besonderen Schutzstatus haben. Für die gelten jetzt einheitlich die gleichen Verfahrens- und sonstigen Rechte.

Zum zweiten Teil des Interviews geht es hier:
"Die Haltung des deutschen Innenministers ist fast schon zynisch"

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Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

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