Inland

DGB appelliert an Regierung: 12 Euro Mindestlohn und Tarifbindung durchsetzen

Einen Mindestlohn von 12 Euro und deutlich mehr Investitionen, das fordern die Gewerkschaften von der Bundesregierung. Die müsse ihre öffentliche Auftragsvergabe künftig an Tariftreueregeln binden, um staatlich gefördertes Lohndumping zu verhindern, sagt DGB-Chef Hoffmann.
von Vera Rosigkeit · 21. Januar 2020
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DGB-Chef Reiner Hoffmann sieht die weitreichenden Veränderungen, die auf Arbeits- und Lebenswelt zukommen. Ob technologische Entwicklung oder Klimawandel, der Umbau von Wirtschaft, in der Industrie und in Dienstleistungen sind für ihn „unausweichlich“.

Massive Investitionen nötig

Auf der Jahrespressekonferenz des Deutschen Gewerkschaftsbundes fordert er deshalb „massive öffentliche Investitionen“. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) habe zusammen mit dem Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ein zehnjähriges Investitionsprogramm vorgeschlagen, das bei immer mehr Menschen Zustimmung finde, sagt Hoffmann am Dienstag in Berlin.

Weil es einen enormen Handlungsbedarf in der Infrastruktur, in der Bildung und der Digitalisierung gebe, unterstützten die Gewerkschaften diesen Vorstoß, betont er. Ohne „beherztes Umdenken“ seien auch die Klimaziele nicht zu erreichen. Zudem würden Investitionen auf nationaler Ebene auch Europa stärken, ist er überzeugt. Hoffmann mahnt ein Ende der Austeritätspolitik an. „Europa darf sich nicht weiter kaputtsparen.“

Mindestlohn von 12 Euro gefordert

Seiner Meinung nach müsse Deutschland den Vorsitz im Rat der Europäischen Union ab dem 1. Juli nutzen, um Wege aus der Vertrauenskrise aufzuzeigen. Für ihn eine Ursache für den in vielen Ländern zunehmenden politischen Rechtsruck. Das wirtschaftliche Zusammenwachsen Europas will Hoffmann mit sozialen Standards verbinden. „Wir erwarten, dass sich die Bundesregierung für einen europäischen Mindestlohn einsetzt und für eine Stärkung der Tarifautonomie und der Mitbestimmung.“

Ausdrücklich unterstützt der DGB das Vorhaben der EU-Kommission, europaweit einen armutsfesten Mindestlohn umsetzen zu wollen. Armutsfest sei ein Lohn dann, wenn 60 Prozent vom jeweiligen nationalen Medianlohn erreicht würden. Für Deutschland seien das 12 Euro“, sagt DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell.

Aufträge an Bedingungen knüpfen

Für ihn lassen jedoch die Mehrheitsverhältnisse in der Mindestlohn-Kommission darauf schließen, dass dieses Niveau nicht einvernehmlich zu erreichen sei. Deshalb appelliert Körzell an die Bundesregierung, den Mindestlohn auf 12 Euro anzuheben.

Zugleich müsse die EU-Kommission aber auch die sinkende Tarifbindung angehen. Tarifverträge sollten leichter allgemeinverbindlich erklärt werden, so Körzell. Vor allem aber müssten öffentliche Aufträge ausschließlich an tarifgebundene Unternehmen gehen. „Dafür brauchen wir neue Gesetze in den Ländern, aber vor allem auch im Bund“, forderte er.

Schweden als Vorbild

In Schweden liege die Tarifbindung bei 80 Prozent, greift Hoffmann den Gedanken auf. Die Tariftreueregelung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sei dort für Regierung und Gewerkschaften eine Selbstverständlichkeit.

Das müsse auch für Deutschland gelten. Es könne nicht sein, dass mit rund 400 Milliarden Euro an öffentlicher Auftragsvergabe Niedriglöhne unterstützt würden. Mit unseren Steuergeldern werde Lohndumping finanziert, kritisiert Hoffmann. Das müsse ein Ende haben.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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