Der Gesundheitsausschuss hat am Mittwoch als alleiniges Thema zusammen mit Vertretern des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenkassen, des Paul-Ehrlicher- und des Robert-Koch-Instituts
über die Entwicklungen zur so genannten Schweinegrippe diskutiert. Was ist dabei herausgekommen?
Das Wichtigste: Meinem Eindruck nach sind die Vorbereitungen zur Impfung von mindestens 30 Prozent der Bevölkerung auf gutem Wege. Das Bundeskabinett hat bereits am 19. August eine
Verordnung erlassen, in der die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung bei den Schutzimpfungen gegen die neue Influenza A (H1N1) geregelt ist. Das bedeutet für die Bürgerinnen und
Bürger ein großes Stück Sicherheit. Analysen zu bisherigen Influenza-Impfungen zeigen, dass es Sinn macht, sich bei der Impfung zunächst vorrangig an bestimmte Versichertengruppen zu wenden, wie
z.B. Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen oder schon Immungeschädigte. Dazu gehören auch Schwangere und Personen, die durch ihre Lebenssituation bzw. ihren Beruf in einem engen Kontakt
zu vielen Menschen stehen wie z.B. Gesundheitsfachkräfte, Feuerwehrleute oder auch Polizisten.
Wie wird die Impfprozedur ablaufen?
Die Planungen der Länder - denn diese sind für den Ablauf der Impfprozeduren verantwortlich - laufen derzeit und werden bis zum Herbst abgeschlossen sein. Bis Dezember sollen dann 25
Millionen Menschen in Deutschland geimpft sein. Die Bevölkerung wird rechtzeitig darüber informiert, wo und wie die Impfungen ablaufen werden. Eine besondere Rolle hat hier sicherlich der
Öffentliche Gesundheitsdienst. Ich habe mich in einem großen kommunalen Unternehmen in Tempelhof-Schöneberg auch schon davon überzeugt, dass auch dort die Vorbereitungen laufen. Hier sind vor
allem auch die Betriebsärztinnen und -ärzte gefordert.
Und wer trägt die Kosten?
Durch das Bundesgesundheitsministerium ist nun klar geregelt, dass die Forderung der gesetzlichen Krankenkassen nach Zusatzbeiträgen oder gar Beitragserhöhungen für eine Leistung, zu der
sie ohnehin verpflichtet sind, vom Tisch ist. Das ist ein Erfolg unseres solidarischen Gesundheitswesens. Ich hatte mich auch eindeutig gegen diese Forderung ausgesprochen. Pro geimpftem
Versicherten werden für die zweimalige Impfung voraussichtlich 28 Euro anfallen - pro Impfung etwa neun Euro für den Impfstoff und fünf Euro für die mit dem Impfen verbundene Dienstleistung. Das
ist insgesamt schon eine ganze Stange Geld: Ich erwarte für 2009 Mehrkosten von rund 600 Millionen Euro, die aus dem Gesundheitsfonds bestritten werden. Und sollten im kommenden Jahr weitere
Impfungen erfolgen, sind weitere 200 Millionen Euro Mehrausgaben zu erwarten. Ich erwarte aber auch, dass die privaten Krankenkassen ebenfalls zu den Kosten beitragen. Sollten mehr als 50 Prozent
der Versicherten geimpft werden, wird der Staat eintreten.
Immer häufiger ist zu hören, dass vor allem die Pharmaunternehmen von den Impfungen profitieren. Was ist da dran?
Wir haben darüber diskutiert, ob sich hier nicht Pharmaunternehmen eine goldene Nase mit der Neuen Influenza A verdienen und ob aus diesem Grunde nicht auch einiges hoch gepuscht wird. Die
umfangreichen Informationen heute haben mein diesbezügliches Misstrauen reduziert. Und außerdem: Wer übernimmt die Verantwortung, wenn wir uns als Gesundheitspolitiker nicht sehr intensiv mit den
Vorkehrungen gegen die Neue Influenza A beschäftigen würden? Allein die saisonale Grippewelle kommt doch erst noch.
Es stehen 50 Millionen Impfdosen für 25 Millionen Menschen zur Verfügung. Schaut der Rest in die Röhre?
Nein, natürlich nicht. Etwa ab Mitte Oktober wird mit der Auslieferung des Impfstoffs begonnen. Vorerst ist für rund 30 Prozent der Bevölkerung Impfstoff bestellt worden, um Risikogruppen
und Schlüsselpersonal zu impfen. Zu den Risikogruppen zählen auch chronisch Kranke oder Schwangere. Derzeit wird intensiv nach möglichen Unverträglichkeiten oder Nebenwirkungen geforscht u.a.
danach, welche unbeabsichtigten Nebenwirkungen durch Immunverstärker, so genannten Adjuvanzien, in Impfstoffen auftreten können, etwa für Allergiker. Bis zum Herbst werden, da bin ich sicher,
valide Ergebnisse vorliegen.
Es wird also nicht so schlimm werden, wie derzeit befürchtet?
Ich möchte vor öffentlicher Panik warnen. Deutschland ist insgesamt sehr gut auf eine mögliche Pandemie vorbereitet. Ausführliche Informationen zur Vorbeugung bieten auch die Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung oder das Robert-Koch-Institut. Zugesagt worden ist auch noch eine stärkere Aufklärungskampagne in den kommenden Monaten.
Interview: Kai Doering
Mechthild Rawert ist Mitglied des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestags und Direktkandidatin in Tempelhof-Schöneberg.
Mechthild Rawert ist Mitglied des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestags und Direktkandidatin in Tempelhof-Schöneberg.
Foto: www.mechthild-rawert.de