Inland

Der Fall al-Bakr: „Sachsen hat ein richtiges Problem“

Der Selbstmord des mutmaßlichen Terroristen Jaber al-Bakr sorgt für Entsetzen. Experten sprechen von „Skandal“ und werfen der Justiz in Sachsen Versagen vor. Michaela Engelmeier fordert Konsequenzen für die politisch Verantwortlichen.
von Robert Kiesel · 13. Oktober 2016
Sebastian Gemkow, Justizminister Sachsen
Sebastian Gemkow, Justizminister Sachsen

Frau Engelmeier, am Tag nach dem Selbstmord des mutmaßlichen Terroristen Jaber al-Bakr: Wie beurteilen Sie das Verhalten der sächsischen Justiz und des verantwortlichen Ministers?

Ich bin fassungslos und frage mich wirklich, wie ignorant und unfähig die zuständigen Behörden und der Justizminister in Sachsen sind, jemanden, der ein offenbar ein Selbstmordattentat plant, nicht als suizidgefährdet zu kennzeichnen. Inzwischen macht mir das große Sorgen, was da in Sachsen in Sachen Polizei und Justiz passiert. Es wird alles verharmlost, niemand ist daran schuld. Das erinnert mich an die Anfänge der NSU-Morde.

Nicht erst seit dem Fall al-Bakr steht Sachsen besonders im Fokus. Zu Recht?

Sachsen hat ein richtiges Problem, auch mit der Polizei. Ich war fassungslos über den Polizisten, der Pegida am 3. Oktober einen erfolgreichen Tag gewünscht hat. Das sind die Leute, auf die wir uns verlassen, dass die Recht und Ordnung einhalten? Mich macht das fassungslos und auch wütend.

Was bedeutet der Fall al-Bakr für das Vertrauen der Bürger in Polizei, Justiz und Politik?

Fälle wie dieser haben wirklich eine verheerende Wirkung. Die Justiz in Sachsen - und ich sage ganz bewusst Sachsen - hat uns allen damit wieder einen absoluten Bärendienst erwiesen. Das Vertrauen in Politik und Justiz ist eh schon erschüttert und es erodiert mit jedem dieser Fälle weiter.

Wie hätte aus Ihrer Sicht mit dem Gefangenen al-Bakr umgegangen werden müssen?

Diesen Mann hätte man 24 Stunden tatsächlich beobachten müssen, permanent und nicht alle fünf Minuten gucken oder was immer sie getan haben.

Sachsen Innenminister Stanislaw Tillich hat sich demonstrativ hinter seinen Kollegen Sebastian Gemkow gestellt. Welche Konsequenzen fordern sie?

Justiz- und Innenminister in Sachsen müssten ganz schnell zurücktreten um den Weg frei zu machen für Leute, die tatsächlich motiviert sind und auf die Seite des Rechts stehen. Das, was da passiert ist, ist ein Skandal. Für mich gibt es nur eine Möglichkeit: Rücktritt des Justiz- und des Innenministers.

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Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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