Inland

Der europäische Arbeiter

von ohne Autor · 25. Juni 2007
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"Arbeitsmarktpolitik und Arbeitnehmerrechte - Stiefkind der europäischen Harmonisierung?!" Unter diesem Titel hatte die FES in die Vertretung der Europäischen Kommission nach Berlin eingeladen. "Bewusst haben wir sowohl ein Frage- als auch ein Ausrufezeichen hinter unser Motto gesetzt", erklärte der Vertreter der Stiftung, Helmut Weber, in seiner Begrüßung. Noch immer sei nicht klar, ob es sich um eine Frage oder eine Tatsache handele. "Wir hoffen jedoch, dass wir nach dieser Veranstaltung mehr wissen."

Klar sei, dass Arbeitnehmerpolitik nicht mehr nationalstaatlich zu begrenzen ist. "Die Arbeitnehmervertreter haben sich jedoch noch nicht komplett darauf eingestellt", so Weber. Dem stimmte Lothar Sorger, stellvertretender Betriebsrat von Opel in Kaiserslautern umgehend zu. "Wir sind einer Aufholjagd gegenüber den Betrieben ausgesetzt." Diese agierten schon lange international, während die Arbeitnehmer noch zu stark national dächten. "Ohne die europäischen Gesetze, die es heute schon gibt, lägen wir noch weiter zurück."

Norbert Kluge, Vertreter des Europäischen Gewerkschaftsinstituts, ging sogar noch einen Schritt weiter. Er forderte ein europäisches Gesetzbuch, das Arbeitnehmerregelungen EU-weit festschreibt. "Wir müssen uns dabei am Stärksten orientieren", forderte Kluge, der sich selbst als "berufsmäßigen Eurooptimisten" bezeichnete.

Dass europäische Regelungen jedoch nicht einfach zu erreichen seien, gab Rose Langer, Referatsleiterin für Arbeitsmarktpolitik im Bundeskanzleramt zu bedenken. "Das Arbeitsschutzrecht wurde früh europäisch harmonisiert, aber bei der Beschäftigungspolitik besitzen wir da keinerlei Kompetenzen." Dies griff Norbert Kluge auf. "Wer setzt heute die Standards in der Beschäftigungspolitik?" warf er ein. "Das sind immer noch die großen grenzüberschreitenden Unternehmen!"

Was nach Klassenkampf klingt, ist auch wissenschaftlich belegt. "Die EU ist ein Wirtschaftsprojekt", stellte Professor Thomas Blanke von der Universität Oldenburg klar. "Sie hat jedoch die Chance, zum Sozialprojekt zu werden." Dazu müssten allerdings die Arbeitnehmerrechte neu gebildet werden. "Dies ist nicht mehr über die martialischen Methoden des Nationalstaats möglich. Europa muss sich endlich als Wertegemeinschaft begreifen und handeln."

Dem wollte Thorben Albrecht, Vertreter des DGB-Bundesvorstands, jedoch nicht so ganz zustimmen. "Wir Gewerkschaften werden auch in Zukunft nur so stark sein, wie wir es in den einzelnen Betrieben sind." Notwendig sei eine Kombination aus nationalen und europäischen Regelungen. "Trotzdem brauche wir ein europäisches Grundlevel für den Schutz von Arbeitnehmerrechten", hielt der SPD-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Grotthaus dagegen. "Wenn nicht überall für Arbeitnehmerrechte gestritten wird, sind sie auch in Deutschland in Gefahr."

Fragezeichen hin, Ausrufungszeichen her - klar wurde zumindest, dass es sich lohnt, weiter für die Rechte von Arbeitnehmern einzutreten: in Deutschland und in ganz Europa.

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