Inland

Demokratie statt Bürokratie!

von Carl-Friedrich Höck · 15. November 2013

Mit Blick auf die Europawahl im kommenden Jahr hat die SPD auf ihrem Bundesparteitag europapolitische Leitlinien beschlossen. Die Sozialdemokraten werden sich dafür einsetzen, die Europäische Union (EU) sozialer und demokratischer zu gestalten.

Italiens Ministerpräsident Enrico Letta fand auf dem SPD-Bundesparteitag deutliche Worte. „Ich bin hier, um Ihnen eine Botschaft der Wahrheit und Offenheit zu bringen“, sagte er den Delegierten am Donnerstagabend. Es sei eine schwierige Zeit für Europa. Mit Blick auf die Europawahl im kommenden Jahr warnte Letta vor einem Europawahlkampf, „in dem wir uns nur Vorurteile um die Ohren hauen“. Es bestehe die Gefahr, „dass wir das anti-europäischste EU-Parlament in der Geschichte haben werden“. Die Krise der letzten Jahre habe dagegen gezeigt, dass das Schicksal des einen Landes von dem Schicksal der anderen abhänge.

An die SPD-Vertreter gerichtet ergänzte Letta: „In Ihren Händen liegen heute Entscheidungen, die schließlich die Zukunft Europas mitentscheiden werden.“ Die SPD könne sich an der nächsten Bundesregierung beteiligen und ihren Einfluss nutzen, um eine europäische Wachstumspolitik voranzubringen.

Ein gemeinsamer Kandidat

Auch im Europäischen Parlament will die SPD die Zukunft Europas mitprägen. Erstmals wird die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) – die Familie der europäischen sozialdemokratischen Parteien – einen gemeinsamen, gesamteuropäischen Spitzenkandidaten für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten ins Rennen schicken. Nämlich den Deutschen Martin Schulz.

Für welche Politik die SPD im Europawahlkampf werben will, machten die Delegierten auf dem Bundesparteitag deutlich. Einstimmig nahmen sie die für die Resolution „Neues Vertrauen für ein besseres Europa“ an. Damit machten sie auch klar, „dass es für uns keine Alternative zu einem starken, geeinten Europa gibt“, wie es in dem Leitantrag heißt.

Wesentliche Inhalte der Resolution sind unter anderen:

  • Die europäische Idee soll durch eine Reform der EU wieder an Attraktivität gewinnen. Das Parlament soll mehr Rechte erhalten. Zudem will die SPD das Instrument der europäischen Bürgerinitiative stärker fördern.
  • Die SPD bekennt sich dazu, „dass sie zukünftig nur einen Kommissionspräsidenten mittragen wird, der zuvor als Spitzenkandidat bei der Europawahl sein politisches Programm zur Wahl gestellt hat und der eine Mehrheit im Europäischen Parlament bekommt.“
  • Die Finanzmärkte sollen reguliert werden. „Wir wollen, dass kein Finanzmarktakteur, kein Finanzprodukt und kein Markt in Zukunft unreguliert ist.“
  • Steueroasen innerhalb der EU will die SPD trocken legen. Zwischen den Mitgliedsstaaten sollen einheitliche Mindeststeuersätze bei Körperschaftssteuern entwickelt werden. Zudem soll der Grundsatz gelten, dass Unternehmen dort ihre Steuern zahlen, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften.
  • Die gemeinsame europäische Währung soll durch eine gemeinsame Wirtschafts- und Sozialpolitik flankiert werden. Statt auf einseitige Sparpolitik zu setzen, sollen die EU-Staaten Maßnahmen ergreifen, um das Wirtschaftswachstum wieder anzukurbeln.
  • Die SPD will eine europäische Sozialunion aufbauen: mit Mindeststandards für soziale Grundrechte, Löhne, Arbeitnehmerrechte und Sicherungssysteme. Den Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit sieht die SPD als „eine erste Priorität europäischer Politik“ an. Dem Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen soll grenzüberschreitend begegnet werden.
  • Die SPD setzt sich für eine Flüchtlingspolitik ein, „die Grundrechte über Repression und Abschottung stellt“. Zudem müsse gewährleistet sein, „dass diejenigen, die unseren Schutz nach europäischem Flüchtlingsrecht benötigen, das Territorium der EU auch tatsächlich erreichen können“.

Schulz fordert Demokratie statt Bürokratie

Die europäische Idee sei, „das zu überwinden, was uns in der Vergangenheit getrennt hat“, betonte Martin Schulz am Freitag auf dem Parteitag. Die großen Länder dürften den kleinen nicht Lektionen erteilen, sondern müssten mit ihnen auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Scharf kritisierte der Präsident des Europäischen Parlaments die derzeitige Krisenpolitik: „Wir treiben manche Länder in die Repression und verschärfen damit ihre Staatsschuldenkrise immer weiter.“

Auch dürfe es nicht sein, dass die Menschen mit Europa nur noch Bürokratie verbänden. „Wir müssen Europa entbürokratisieren und es demokratisieren“, forderte Schulz. Die anstehende Europawahl müsse zu einem Wettbewerb werden um die Frage: Welches Europa wollen wir? „Deshalb bewerbe ich mich um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten“, betonte Schulz.

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Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

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