Compact-Verbot: Worum es bei der Gerichtsverhandlung geht
Durfte das rechsextreme Compact-Magazin mit Verweis auf das Vereinsrecht verboten werden? Darüber entscheidet in dieser Woche das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Dabei geht es auch um ein grundsätzliches Rechtsverständnis.
IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Unter dem Vorsitz von Ingo Kraft (Mitte) verhandelt das Bundesverwaltungsgericht über ein Verbot des Compact-Magazins.
Die Anwälte der rechtsextremen Compact Magazin GmbH würden am liebsten gar nicht über die Verbotsgründe sprechen, denn sie halten das Vereinsverbot schon im Ansatz für haltlos. Ein Presseorgan könne nicht als Verein verboten werden. Das Bundesverwaltungsgericht, dessen Verhandlung an diesem Dienstag begann, dürften sie damit aber wohl nicht überzeugen.
Durfte Faeser Compacht verbieten?
Die damalige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat im Sommmer 2024 die Compact Magazin GmbH nach dem Vereinsrecht verboten. Das herausgegebene Magazin richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung, insbesondere gegen die Menschenwürde von Migrant*innen. In einer Eil-Entscheidung setzte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) das Verbot jedoch bis zur jetzigen Verhandlung aus.
Zu Beginn der Verhandlung ging es zweieinhalb Stunden lang nur um die Frage, ob ein Presseorgan überhaupt nach dem Vereinsgesetz verboten werden kann. Compact-Anwalt Ulrich Vosgerau argumentiert, dass sich solche Vereinsverbote typischerweise gegen die Organisierte Kriminalität richten. Ein Presse-Organ wie Compact ("mit Impressum") sei jedoch etwas ganz anderes.
Innenministerium rechtfertigt Verbot
Vor allem aber sei ein Magazin wie Compact von der Pressefreiheit geschützt. Das Zensurverbot des Grundgesetzes verbiete auch jedes präventive Verbot eines Mediums. Auch deshalb seien in den Landespressegesetzen keine Presseverbote vorgesehen. Bei Bedarf könne gegen einen Verleger die Grundrechtsverwirkung nach Artikel 18 Grundgesetz beantragt werden. Darüber entscheide aber das Bundesverfassungsgericht und nicht der Innenminister.
Für das Bundesinnenministerium wies der Anwalt Wolfgang Roth die Argumente von Compact zurück. Laut Vereinsgesetz könne ein Verein, der sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet, auch verboten werden, wenn er keine Straftaten begeht und keine Gewalt ausübt.
Zensurverbot verhindert Medienverbot nicht
Die Pressefreiheit werde auch im Rahmen eines Vereinsverbots geprüft, so Anwalt Roth, wenn die Organisation ein Medium herausgibt. Das Grundgesetz garantiere die Pressefreiheit aber nicht absolut, sondern lasse gesetzlich Eingriffe zu, etwa durch das Vereinsgesetz. Auch Presseverbote seien möglich, sie müssten aber verhältnismäßig sein. Es sei „fernliegend“, dass die Väter und Mütter des Grundgesetzes 1949 ein Verbot von Zeitungen wie der Nazi-Hetzpostille „Der Stürmer“ ausschließen wollten. Weil der Bund Presseorgane als Vereine verbieten kann, gebe es auch keine entsprechende Regelung in den Landespressegesetzen. Das strenge Zensurverbot des Grundgesetzes beziehe sich nicht auf Medienverbote, nur auf die Pflicht Zeitungen und Artikel vor der Veröffentlichung einem staatlichen Zensor vorzulegen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat schon mehrfach das Verbot von Medien als Vereine akzeptiert, insbesondere Vereinszeitschriften. Zuletzt wurde 2020 das linksradikale Internetportal linksunten.indymedia.org als Verein verboten. Ein klassisches unabhängiges Medium mit Redaktionskonferenz und journalistischen Mitarbeiter*innen wurde auf dieser Grundlage bisher allerdings noch nicht untersagt.
Compact-Ankündigung: „wollen Regime stürzen“
Der Vorsitzende Richter Ingo Kraft gab allerdings zu bedenken, dass Compact nach seinem Selbstverständnis auch kein ganz normales Presseorgan sei und zitierte dabei den Chefredakteur Jürgen Elsässer. „Ein wichtiger Unterschied zu anderen Medien ist, also wir wollen einfach das Regime stürzen“, hatte er bei einer internen Veranstaltung erklärt.
Der zweite Compact-Anwalt Laurens Nothdurft versuchte Elsässers Äußerung zu relativieren. „Das war im Superwahljahr 2024, da ging es nur um Änderungen auf demokratischem Wege durch Wahlen.“ Compact hatte mit seiner Veranstaltungsreihe „Blaue Welle“ massiv die AfD unterstützt.