Mit seiner Mehrheit verhinderte Rot-Rot in Berlin, dass der Neuköllner Bürgermeister Horst Buschkowsky im Innenausschuss berichten konnte. Der konservative Sozialdemokrat hatte sich auf
Fahrten nach Amsterdam und London informiert, mit welchen z.T. drakonischen Maßnahmen dort Integrationspolitik betrieben wird. Dies sei nicht dringlich und könne in einer späteren Sitzung
stattfinden, so die Sprecher von Rot-Rot. Buschkowsky, der angebliche Ignoranz gegenüber den Problemen mit Migranten medienwirksam kritisiert, zeigte sich enttäuscht und erklärte, er sei von dieser
Form des Umgangs doch überrascht. Er bleibe zwar in der SPD, sehe aber in der Landespolitik "Wirklichkeitsverweigerung"; In weiten Teilen seines Bezirks Neukölln gehe so gut wie niemand arbeiten,
zwei Drittel der Jugendlichen seien Hartz-IV-Empfänger, 90 Prozent der Intensivtäter seien Migranten.
Dem hielt Ülker Radziwill, SPD-MdA und Leiterin des Arbeitskreises "Integration, Arbeit, berufliche Bildung und Soziales" entgegen, es sei zwar in der Integrationspolitik manches falsch
gelaufen, "aber es darf nicht auf dem Rücken der Schwächsten radikal umgesteuert werden." In manchen Stadtteilen wie in Tempelhof-Schöneberg habe man rechtzeitig reagiert, in Neukölln, wo
Buschkowsky seit 1979 politisch aktiv sei, "wurde einiges verschlafen."
Radziwill fordert mehr Familienhilfe und Gemeinschaftsschulen mit mehr handwerklich- technischen Lernen. SPD-MdA Anja Hertel warf Buschkowsky vor, das Reizthema an den Gremien vorbei in die
Öffentlichkeit zu bringen. Udo Wolf (Linke) forderte die Anhörung "von Experten, nicht von Leuten, die mal eine Reise gemacht haben." Buschkowsky war im Juni mit der Jugendstadträtin, dem
Migrationsbeauftragten und einer Jugendrichterin in Amsterdam und London gewesen. So werden z.B. in Rotterdam die Zeugnisse den Eltern ausgehändigt und eine polizeiliche Eingreiftruppe kann ohne
Gerichtsbeschluss Wohnungen durchsuchen. Der Bürgermeister räumt ein, dabei nur "Flashlights erhalten zu haben, die es auf mögliche Übertragbarkeit auf Berlin genauer abzuklopfen gilt." Horst
Buschkowsky berichtet bereits am Donnerstag, den 10. Juli, über seine Erfahrungen: Der AK Inneres und Recht der FDP-Fraktion hat ihn eingeladen.
Quellen: Der Tagesspiegel und die tageszeitung vom 8. Juli
war von 1994 bis 1998 Büroleiter und Persönlicher Referent des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Fikentscher.