Inland

Bürgerentscheid in Heidelberg scheitert am Quorum

von Stefan Grönebaum · 14. Juli 2008

Der erste Bürgerentscheid in der Universitätsstadt am Neckar ist gescheitert: Von rd. 100 000 Wahlberechtigten beteiligten sich 22,38 Prozent an der Abstimmung und stimmten mit 82,29 Prozent für den Verkauf von 610 sozial gebundenen Wohnungen im Sttadtteil Emmertsgrund. Die städtische Wohnungsgesellschaft hatte die Wohnungen nach dem Konkurs der Neuen Heimat übernommen und will die Erlöse von rd. 30 Millionen Euro nutzen, um mit 20 Millionen Euro Schulden zu verringern und zehn Millionen Euro in die neue Bahnstadt zu investieren. Der Käufer, die Dresdner Grund- und Beteiligungsgesellschaft mbH & Ko GK, gehört laut Baubürgemreister Raban von der Maltzburg (CDU) einer Münchner Familie, die ungenannt bleiben wolle.

Gegen den Verkauf hatte sich ein breites Bündnis aus SPD, AWo, Mieterverein, Gewerkschaften, Attac und fast 20 weiteren Gruppen wie zuletzt auch die Caritas gebildet. Laut SPD-Fraktionschefin Anke Schuster sei es "frappierend gewesen, wie schnell die Befürworter den Verkauf bisher durchgewinkt haben, ohne deutliche Prüfung des Investors." Die Befürworter kommen aus CDU, FDP und Freier Wählervereinigung. Ursprünglich war auch der parteilose OB Eckart Würzner dafür, hatte sich aber schließlich neutral bekannt: Immerhin erreichten die Verkaufsgegner fast so viele Stimmen wie Würzner bei seiner OB-Wahl.

Initiativen-Sprecher Edgar Wunder kritisierte das hohe Quorum von 25 Prozent und kündigte ein Schreiben an Ministerpräsident Günter Oettinger an. Die Beteiligung in Großstädten solle nach bayerischem Vorbild auf zehn Prozent festgesetzt werden. Das Ergebnis, so Wunder, sei dennoch ein "haushoher Sieg" und beinhalte "einen klaren politischen Auftrag an den Gemeinderat." Laut OB Würzner wird sich der Rat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am 23. Juli erneut mit dem Verkauf der 610 Wohnungen befassen. Für Anke Schuster, Fraktionschefin der SPD, widerspricht ein Verkauf "grundsätzlich dem Zweck unserer städtischen Gesellschaft, deren Auftrag es ist, sozial schwachen Familien zu helfen." Der Emmertsgrund gilt als sozialer Brennpunkt der Stadt.

Quellen: Stuttgarter Nachrichten vom 14. Juli, Sttuagrter Zeitung vom 12. Juli

Autor*in
Stefan Grönebaum

war von 1994 bis 1998 Büroleiter und Persönlicher Referent des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Fikentscher.

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