Bundestagswahl 2017: Wie ich am Wahl-O-Mat verzweifelt bin
„Das muss ein Missverständnis sein“, schießt es durch den Kopf. Gerade hat der Wahl-O-Mat, der eine Entscheidungshilfe für die Bundestagswahl sein soll, das Ergebnis präsentiert. Auf Platz 1 erscheint die CDU/CSU (60,7 Prozent), dann die Linke (59,5 Prozent) und die SPD (58,3 Prozent). Ein unerwartetes Resultat. Und das auch, weil Union und Linkspartei dicht beieinander liegen. Schließlich stehen sich die beiden Parteien in herzlicher Abneigung gegenüber. Der Wahl-O-Mat kennt Gefühle offenbar nicht.
Politisch orientierungslos
Ein zweiter Versuch: Wieder klicke ich mich durch die 38 Fragen, setze allerdings mehr Gewichtungen. Dieses Mal empfiehlt der Wahl-O-Mat die Grünen (67,3 Prozent), die Linkspartei (66,3 Prozent) und die SPD (64,4 Prozent). Ich fühle mich verwirrt, orientierungslos und – zugegeben – auch verletzt im eigenen Stolz. Schließlich lässt der Wahl-O-Mat die eigene politische Orientierung alles andere als gefestigt erscheinen.
Vielleicht kann die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), die für den Wahl-O-Mat verantwortlich ist, weiterhelfen. „Nur weniger als zehn Prozent der Nutzer sind von ihrem Wahl-O-Mat-Ergebnis überrascht“, schreibt sie auf ihrer Website. „Woran das im Einzelfall liegt, können wir nicht generell beantworten.“ Es klingt entschuldigend, nach einem hoffnungslosen Fall. Doch die bpb hat einen Rat: „Nutzen Sie Ihr überraschendes Wahl-O-Mat-Ergebnis, um sich genauer mit den Positionen der Parteien auseinanderzusetzen.“
Irreführende Fragen
Das ist sicherlich richtig. Doch vielleicht hilft auch ein Blick auf die 38 Thesen, zu denen der Nutzer Stellung beziehen soll. Dort finden sich überflüssige Aussagen („Kinder sollen gegen ansteckende Krankheiten geimpft werden müssen.“) und Thesen, die sich ohne Hintergrundwissen nicht beantworten lassen („Gesamtzahl der Nutztiere in den landwirtschaftlichen Betrieben einer Gemeinde soll begrenzt werden können.“).
Auch sind Fragen zur Außenpolitik verhältnismäßig wenig vertreten. Irreführend ist beispielsweise der Satz: „Für die Aufnahme von neuen Asylsuchenden soll eine jährliche Obergrenze gelten.“ Die eigene Position sagt hier nur bedingt etwas über die gewünschte Flüchtlingspolitik aus.
Unterhaltsam und spielerisch
Nichtsdestotrotz: Mit dem Wahl-O-Mat hat die bpb ein unterhaltsames Instrument etabliert, mit dem Menschen auf die Bundestagswahl aufmerksam gemacht werden können, die sich wenig für Politik interessieren. Der Zugang ist spielerisch. Zu ernst sollte man das Ergebnis allerdings nicht nehmen. Vielleicht spornt es den einen oder anderen an, sich mehr mit Politik auseinanderzusetzen.
Übrigens: Bei meinem dritten Versuch mit dem Wahl-O-Mat habe ich die Spaßpartei „Die Partei“ mit in die Auswahl genommen. Prompt landete sie mit Abstand auf dem ersten Platz. Vielleicht ist ja alles doch kein Missverständnis.