Seltene Einigkeit herrschte am Montagabend im Bundestag. Die Abgeordneten diskutierten über die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses, der das Versagen der Sicherheitsbehörden während des NSU-Terrors aufarbeiten sollte.
Im Bundestag, wo üblicherweise hitzige Debatten geführt werden, sprachen die meisten Abgeordneten am Montag mit gedämpfter Stimme. Auf der Tagesordnung stand: „NSU-Bericht“. Ein Untersuchungsausschuss des Parlaments hat sich eineinhalb Jahre mit der Frage beschäftigt, warum die Mitglieder der rechten Terrororganisation „Nationalsozialistischer Untergrund“ jahrelang ungestört mordend durch Deutschland ziehen konnten. Der Abschlussbericht wurde am Montag im Plenum ausgewertet. Bundespräsident Joachim Gauck nahm als Gast an der Sitzung teil.
Der NSU-Ausschuss war der 49. Untersuchungsausschuss in der Geschichte der Bundesrepublik. Und „es war zugleich der erste, der von allen Fraktionen einstimmig eingesetzt wurde“, wie der Vorsitzende des Ausschusses, Sebastian Edathy (SPD), betonte. „Wir waren uns einig, dass sich dieses Thema nicht eignet für Streit zwischen den Parteien“.
Gebrochene Versprechen
Gleich zwei Kernversprechen des Rechtsstaates seien in der Zeit des NSU-Terrors gebrochen worden, sagte Edathy: Das Versprechen, dass die staatlichen Institutionen alles tun, um die in Deutschland Lebenden vor Straftaten zu schützen. Und das Versprechen, Verbrechen professionell aufzuklären, wenn sie nicht verhindert werden konnten. Umso wichtiger sei es, Fehler zu analysieren und dafür Sorge zu tragen, dass sie sich nicht wiederholen.
Dass die Fraktionen im Bundestag sich dieser Aufgabe gemeinsam angenommen und Vorschläge erarbeitet haben, wertete Bundestagspräsident Volker Kauder als „Sternstunde der Demokratie“. Er bedauerte, dass die öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten ARD und ZDF sich gegen eine Übertragung der Debatte entschieden hatten.
Die Arbeitsweise der mit den NSU-Morden befassten Sicherheitsbehörden wird in dem Bericht des Untersuchungsausschusses scharf kritisiert. "Wir mussten feststellen, dass es eine strukturelle Verkennung und Verharmlosung der Gefahren des Rechtsextremismus auf allen Ebenen gegeben hat und gibt“, berichtete die SPD-Abgeordnete Eva Högl am Montag. Auch der CDU-Abgeordnete Clemens Binninger kritisierte die einseitigen Ermittlungen: Die Möglichkeit eines rechtsextremen Hintergrundes der Morde sei immer wieder verworfen worden. Stattdessen seien die Ermittler davon ausgegangen, dass die Ermordeten in organisierte Kriminalität verwickelt waren. „Die Opfer sind wieder zu Opfern geworden“, sagte Binninger.
Den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses können Sie hier einsehen.
arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.