Inland

Beschränkte Aus- und Einreise

Damit Islamisten nicht in die Kampfgebiete reisen, soll die Ausreise verhindert werden. Doch die rechtlichen Hürden sind hoch. Manches ist trotzdem heute schon möglich.
von Christian Rath · 1. Oktober 2014
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Die Innenminister von Bund und Ländern suchen schon seit Wochen nach Möglichkeiten, die Ausreise von Islamisten in die syrischen und irakischen Kampfgebiete zu stoppen. Auch die Wiedereinreise potenzieller Attentäter soll erschwert werden.

Am wichtigsten ist den Innenministern die Ausreise. Aus Deutschland kommende Islamisten sollen sich nicht dem IS anschließen und im Irak Gräueltaten wie Selbstmordanschläge begehen. Außerdem gilt: Wer erst gar nicht ausreist, kann sich auch nicht in den Kampfgebieten weiter radikalisieren.

Scharfe Rechtslage

Eigentlich ist die Rechtslage scharf. Sogar deutschen Staatsbürgern kann der Reisepass entzogen werden, wenn sie „die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden“. Das regelt das Passgesetz. Für EU- und sonstige Ausländer gibt es ähnliche Regelungen zur Ausreisebeschränkung. Seit 2009 wurden 30 Islamisten an der Ausreise gehindert, davon 18 deutsche Staatsbürger.

Da aber bereits mehr als 400 Islamisten aus Deutschland in die Kampfgebiete gereist sein sollen, sind die Lücken in der Praxis noch groß. So hat sich als Problem herausgestellt, dass deutsche Staatsbürger mit ihrem Personalausweis bis in die Türkei reisen können - von dort ist der Weg nach Syrien nicht mehr weit. Der Personalausweis kann aber - anders als der Reisepass - nicht entzogen werden, weil der Bürger schließlich Ausweispapiere braucht.

Zwar können deutsche Behörden jetzt schon anordnen, dass der Personalausweis nicht zum Verlassen Deutschlands berechtigt. Das sieht man dem Ausweis aber nicht an. Es ist gesetzlich nicht vorgesehen, ihn mit entsprechenden Aufklebern zu versehen. 1980 wurde eine entsprechende Möglichkeit ausdrücklich abgeschafft, um die Ausweisinhaber nicht zu stigmatisieren. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe denkt nun aber darüber nach, solche „Sichtvermerke“ wieder einzuführen. Alternativ könnten Betroffene auch mit „Ersatzpapieren“ ausgestattet werden.

Keine Gefährdung Deutschlands

Wenn Islamisten, die in Syrien und im Irak gekämpft haben, wieder nach Deutschland einreisen wollen, kommt es auf ihren Status an. Ausländer, welche die Sicherheit Deutschlands gefährden, können schon an der Grenze zurückgewiesen werden. Dies regeln das Aufenthaltsgesetz und der Schengener Grenzkodex. Von dieser Möglichkeit wurde auch schon hunderte Male Gebrauch gemacht. Bei deutschen Staatsbürgern funktioniert die Methode jedoch nicht. Ihnen muss die Einreise gewährt werden. Etwa die Hälfte der ausgereisten Islamisten sind eingebürgerte oder konvertierte Deutsche.

Deshalb gewinnt die Diskussion immer mehr an Raum, ob man Islamisten, die in den Dschihad ziehen, die Staatsbürgerschaft entziehen kann. Verfassungsrechtlich sind die Hürden allerdings hoch. So heißt es im Grundgesetz: "Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden." Außerdem könne der Verlust der Staatsangehörigkeit "auf Grund eines Gesetzes" nur eintreten, wenn der Betoffene nicht gegen seinen Willen staatenlos wird.

Eine praktisch relevante Möglichkeit ist die Rücknahme einer Einbürgerung, wenn sie durch Täuschung erschlichen wurde. Als Täuschung gilt es etwa, wenn sich jemand bei der Einbürgerung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekannte, dann aber für den Heiligen Krieg wirbt. Eine Rücknahme der Einbürgerung ist allerdings nur binnen fünf Jahren möglich, so das Staatsangehörigkeitsgesetz. Außerdem greift diese Vorschrift nicht, wenn die Radikalisierung erst nach der Einbürgerung erfolgte, denn dann hat der Betroffene die Einbürgerungsbehörde nicht über seine Abkehr von der Demokratie getäuscht.

Eine gewisse Rolle spielt in der Diskussion inzwischen auch der Streitkräfte-Paragraph des Staatsangehörigkeitsrechts. Wenn ein Deutscher ohne Erlaubnis in die Armee eines anderen Staates eintritt, verliert er automatisch seine deutsche Staatsbürgerschaft. Unions-Abgeordnete haben vorgeschlagen, dies auf den Beitritt zum Islamischen Staat (der trotz des Namens bisher kein Staat ist) zu erweitern. Aus verfassungsrechtlichen Gründen wäre dies aber nur möglich, wenn der Islamist noch einen anderen Pass hat und dann nicht staatenlos würde.

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Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

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