"Ohne Arbeit ist eine volle Teilnahme am Leben nicht möglich", so formulierte Dr. Sascha Göttling, freier Arbeits- und Organisationspsychologe, zu Beginn der Podiumsdiskussion in der Berliner
Jerusalem-Kirche zum Thema "Außen vor oder mittendrin? Gesellschaftliche Partizipation und Anerkennung erwerbsloser Menschen" treffend die heutige Situation vieler erwerbsloser Menschen. Denn
Arbeit ermögliche ein positives Leben, Integration, Autonomie und Anerkennung. Jedem Menschen sei es ein Bedürfnis zu arbeiten, nur sei dieses bei vielen verschüttet.
Integration durch Partizipation
Der Trend geht eindeutig in den ehrenamtlichen Bereich, wenn es heißt, Erwerbslose mehr in die Gesellschaft einzubinden. Dieses Engagement setzt jedoch auf Seiten der Betroffenen viel
Eigeninitiative, Kreativität und ein finanzielles Polster voraus. Dass Anerkennung und Integration nur in Form von Teilnahme am gesellschaftlichen Leben funktionieren kann, darin waren sich alle
Diskutanten einig. Nur das Wie sei eben noch nicht geklärt. Aus diesem Grund waren zu der Diskussion einzelne Vertreter aus verschiedenen Organisationen und Vereinen geladen, um über
unterschiedliche Möglichkeiten zu debattieren.
Hilfe zur Selbsthilfe
Die vorgestellten Initiativen haben alle das gemeinsame Ziel, in erster Linie Erwerbslosen Hilfestellung und Unterstützung zu geben. Beispielsweise als alltagsorientierte Plattform zum
Austausch für Menschen, die etwas verändern möchten, so Frauke Hehl, Projektleiterin der workstation - Ideenwerkstatt Berlin e.V.
Nach der Einschätzung Dr. Leonard Briers, Vorstandsvorsitzender der Freiwilligenagentur Leipzig, sei ehrenamtliche Arbeit gleichwertig mit herkömmlicher Arbeit, wenn es gesellschaftliche
Anerkennung gäbe. Der Betroffene hätte demnach eine erfüllte Zeit, Freude und fände Beachtung von seiner Umwelt. Aber Brier forderte auch eine finanzielle Anerkennung der freiwilligen Arbeit.
Sylvia Kühnel, Projektleiterin "Bürgerarbeit" der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen , betonte die Wichtigkeit der Bürgerarbeit in sozialen Vereinen und in der Altenbetreuung. Denn
auch in diesem Bereich bekämen Erwerbslose Anerkennung und eine sinnvolle Aufgabe.
Finanzielle Absicherung muss sein
Die Kehrseite, dass nämlich ehrenamtliche Tätigkeiten finanzielle Sicherheiten voraussetzen, sprach Gabriele Möller-Lösekrug, MdB und Mitglied im Ausschuss "Arbeit und Soziales" an. Demnach
müsse das individuelle Grundeinkommen abgesichert sein. "Gute Arbeit heißt nicht immer guter Lohn", so Möller-Lösekrug in ihrer Ausführung. Deshalb fordere sie eine Anschubfinanzierung für
freiwillige Arbeit. Aber die Maßnahmen zur staatlichen Anerkennung von freiwilliger Erwerbstätigkeit differieren von Bundesland zu Bundesland, da die Arbeitsmärkte strukturell zu unterschiedlich
seien.
Es war eine sehr energische Diskussionsrunde, die im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Wege zu einem stärkeren gesellschaftlichen Zusammenhalt" der FES stattfand. Sie legte einerseits die Kluft
zwischen der Erwerbstätigkeit und der ehrenamtlichen Beschäftigung offen. Andererseits verdeutlichten die hier vorgestellten Ansätze jedoch auch, dass es inzwischen Alternativen gibt, die sehr
erfolgversprechend sind. Wünschenswert wäre indes gewesen, wenn in der Diskussion der Aspekt des finanziellen Backgrounds mehr Platz gefunden hätte, da der nun mal Grundvoraussetzung für
freiwillige und kreative Arbeit ist.
Edda Neumann
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