ArbeiterKind: „Die Schüler werden abgeholt, wo sie gerade sind“
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Worin besteht die Initiative ArbeiterKind.de und was macht sie so besonders?
Wir ermutigen Schülerinnen und Schüler aus Familien, in denen niemand oder kaum jemand studiert hat, ein Studium aufzunehmen und unterstützen sie von Studienbeginn bis Studienabschluss und beim Berufseinstieg. Das Besondere ist, das viele unserer Ehrenamtlichen selbst die ersten Studierenden oder Akademiker in ihrer Familie waren. Sie wissen aus eigener Erfahrung, welche Hürden beim Studieneinstieg zu überwinden sind und können in besonderer Weise auf Ratsuchende eingehen. Wir nennen das Peer-to-peer-Mentoring: Sie können mit ihrer Bildungsgeschichte zum Studium ermutigen und als Vorbilder dienen.
Unsere ehrenamtlichen Mentorinnen und Mentoren engagieren sich in lokalen Gruppen vor Ort. Ratsuchende können zu offenen Treffen und Sprechstunden kommen und Fragen stellen. Unsere Engagierten gehen in die Schulen und informieren dort Schülerinnen und Schüler. Ratsuchende werden abgeholt, wo sie gerade sind. Zudem gibt es die Möglichkeit eines persönlichen Mentoring. Über unsere Webseite und ein eigenes soziales Netzwerk stellen wir Informationen, Netzwerke und ein Infotelefon zur Verfügung.
Welche Erfolgsgeschichten sind für Sie besonders ermutigend?
Wir haben vielen Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden helfen können, indem wir sie über Stipendienangebote informiert haben. Da war zum Beispiel eine Schülerin, die sich zuerst nicht getraut hatte, für ihr Studium in eine andere Stadt zu ziehen, weil sie nicht wußte, ob sie ein Studium fernab ihres Heimatortes stemmen könnte. Am Hochschultag wurde sie am Stand von ArbeiterKind.de ermutigt, sich zu bewerben – und das hat geklappt. Seitdem ist sie finanziell unabhängiger, muss sich nicht mit Nebenjobs über Wasser halten und kann sich auf ihr Studium konzentrieren. Dann gab es einen Schüler, der Kontakt zu einer ArbeiterKind.de-Gruppe aufgenommen hatte, weil er studieren wollte, es aber nicht finanzieren konnte. Unsere Ehrenamtlichen haben ihn über das BAföG informiert und ihn beim Ausfüllen des Antrages unterstützt. Oft brauchen Ratsuchende nur praktische Unterstützung und jemanden, der ihnen Mut macht und sagt: „Trau dich, du schaffst das!“
Welche Bedeutung hat Ihrer Ansicht nach Bildung für den eigenen Lebensweg?
Bildung ist der Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben und für gesellschaftliche Partizipation. Mir hat Bildung ermöglicht, mein Leben selbst zu gestalten und mich sowohl für mich selbst als auch für andere einzusetzen. Zahlreiche Studien zeigen, dass Einkommen, Gesundheit und gesellschaftliches Engagement mit erworbener Bildung korrelieren.