Inland

500 Milliarden für die Infrastruktur: „Die Rechnung muss aufgehen!“

500 Milliarden Euro will die Bundesregierung in den kommenden 12 Jahren in die Infrastruktur investieren. Ein „Investitions- und Innovationsbeirat“ will sie beraten, wohin das Geld am besten fließt. Im Interview sagt der Beiratsvorsitzende Harald Christ, wo er Akzente setzen will.

von Kai Doering · 26. September 2025
Eingestürzte Carolabrücke in Dresden, im Vordergrund links unscharf ein Mann und ein Junge

Eingestürzte Carolabrücke in Dresden: Es ist wichtig, dass das Geld zielgerichtet investiert wird und schnell abfließen kann.

500 Milliarden Euro will die Bundesregierung in den kommenden Jahren in eine moderne Infrastruktur investieren. Wo wird das Geld am dringendsten gebraucht?

500 Milliarden Euro sind eine riesige Summe, allerdings muss man etwas einschränkend sagen, dass dem Bund nicht der volle Betrag zur Verfügung stehen wird. 100 Milliarden sind für den Klima- und Transformationsfonds vorgesehen und weitere 100 Milliarden werden den Bundesländern zur Verfügung stehen. Wenn man die 300 Milliarden dann auf die zwölf Jahre verteilt, in denen die Mittel investiert werden sollen, relativiert sich die Summe schon ein wenig. Geplant ist aber in dieser Legislaturperiode einen größeren Anteil bereits zu investieren.

Das Geld wird dringend gebraucht, um im Wesentlichen zwei Ziele zu erfüllen: zum einen, um Deutschland und seine Infrastruktur fit für die Zukunft zu machen und zum anderen, um die Wirtschaft nach Jahren der Rezession wieder anzukurbeln. Um es konkret zu machen: Alleine der Investitionsstau bei Straßen, Brücken und Schienen ist gewaltig. Bei der digitalen Infrastruktur haben wir einen großen Nachholbedarf und auch viele Schulen und Krankenhäuser müssen dringend renoviert werden. Die Aufzählung könnte ich jetzt fortsetzen. Deshalb bin ich mir trotz der riesigen Summe von 500 Milliarden Euro sicher, dass das Geld sehr fokussiert, investiert werden sollte.

Harald
Christ

Wir sind ein beratendes Expertengremium, treffen also keine Entscheidungen, sondern geben Hinweise und machen Vorschläge.

Als Beratung hat das Bundesfinanzministerium einen „Investitions- und Innovationsbeirat“ ins Leben gerufen, den Sie leiten. Welche Aufgaben hat der Beirat?

Es ist wichtig, dass das Geld zielgerichtet investiert wird und schnell abfließen kann. Genauso notwendig wird es sein, die Möglichkeiten zu verbessern, dass zusätzlich zu den staatlichen Investitionen auch deutlich mehr internationales, institutionelles und privates Kapital in Deutschland investiert wird. Hierfür Hinweise zu geben und Abläufe zu verbessern, wird unsere Aufgabe als Beirat sein. Wir werden ein Monitoring aufsetzen und zweimal im Jahr auch berichten. Es ist ein starkes Signal, dass Bundesfinanzminister Lars Klingbeil den Beirat eingerichtet hat. Dass die sieben Mitglieder ganz unterschiedliche Hintergründe haben und dadurch unterschiedliche Perspektiven mitbringen, wird uns sicher sehr bei unserer Arbeit helfen. 

Welchen Einfluss wird der Beirat auf die Vergabe der Milliarden haben?

Wir sind ein beratendes Expertengremium, treffen also keine Entscheidungen, sondern geben Hinweise und machen Vorschläge. Dabei sind wir nicht weisungsgebunden und agieren vollkommen unabhängig und übrigens auch ehrenamtlich. Eine wichtige Aufgabe wird sein, alle sechs Monate ein Monitoring vorzulegen, in dem über den Stand der Investitionstätigkeiten berichtet wird. Das Format ist noch nicht geklärt, aber ich stelle mir das Monitoring wie eine Art Investitionsbarometer für Deutschland vor. Das werden wir aber zunächst im Beirat besprechen. Die konstruierende Sitzung ist am 29. September ich bitte um Verständnis, dass ich heute noch nicht konkreter werden will. 

Das Institut der Deutschen Wirtschaft kritisiert in einer Studie bereits, dass die Bundesregierung Teile der 500 Milliarden nutzt, um Haushaltslöcher zu stopfen. Sehen Sie dafür Anhaltspunkte?

Es ist gut, dass verschiedene Akteure das Sondervermögen aus verschiedenen Perspektiven kritisch begleiten. Wichtig ist jetzt vor allem, dass höhere Investitionen ermöglicht werden, damit Deutschland nachhaltig auf den Wachstumspfad zurückkehren kann und modernisiert wird. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist der Haushalt auch noch im parlamentarischen Verfahren und damit noch nicht abgeschlossen.

Harald
Christ

Das Sondervermögen muss auch für die Wirtschaft ein Erfolg werden, denn die Menschen erwarten, dass jetzt etwas passiert.

Sie haben es bereits erwähnt: 100 der 500 Milliarden sollen über die Länder an die Kommunen gehen. Denen ist das zu wenig. Reichen die 100 Milliarden aus?

100 Milliarden sind 100 Milliarden. Diese Summe sollte niemand unterschätzen. Die Milliarden sind eine sehr gute Grundlage, damit die Länder zusammen mit den Kommunen einen großen Hebel haben, um weitere Investitionen anzustoßen. 

Mit den Investitionen soll nicht nur die Infrastruktur auf Vordermann gebracht, sondern auch die schwächelnde Wirtschaft angekurbelt werden. Kann die Rechnung aufgehen?

Die Rechnung muss aufgehen! Entscheidend wird dafür sein, dass das Geld auch wirklich abfließt und dort ankommt, wo es sinnvoll und effizient eingesetzt wird. Der Investitions- und Innovationsbeirat wird deshalb einen wachen Blick auf mögliche Hemmnisse und Barrieren haben, damit diese möglichst schnell beseitigt werden. Das Sondervermögen muss auch für die Wirtschaft ein Erfolg werden, denn die Menschen erwarten, dass jetzt etwas passiert. Die Voraussetzungen dafür sind aus meiner Sicht aber auch sehr gut. Dass es der Bundesregierung mit Unterstützung der Grünen gelungen ist, sogar noch vor ihrer Konstituierung, das Sondervermögen auf den Weg zu bringen, werte ich als ein sehr starkes Zeichen. Die Ampel hat das leider nicht geschafft, hier war die FDP wenig konstruktiv. 

Wann rechnen Sie mit ersten sichtbaren Ergebnissen?

Ein bisschen Geduld werden wir leider noch brauchen. Jetzt zu sagen, in drei Monaten ist alles gut, wäre nicht ehrlich. Ich bin aber ziemlich sicher, dass wir in den nächsten zwei bis drei Jahren spürbare Verbesserungen und Wachstum sehen werden.

Der Gesprächspartner

Harald Christ ist Unterehmer und Geschäftsführer des durch ihn gegründeten Beratungsunternehmens Christ&Company Consulting GmbH. Er leitet den von der Bundesregierung eingesetzten „Investitions- und Innovationsbeirat“.

Porträt von Harald Christ im blauen Sakko mit gelber Krawatte
Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

Weitere interessante Rubriken entdecken

Noch keine Kommentare
Schreibe einen Kommentar

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.