Geschichte

„Rufer in der Wüste“

von ohne Autor · 18. Juni 2007
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Adolf Scheu, der von 1969 bis zu seinem Tod am 20. Dezember 1978 für die SPD als Abgeordneter aus Wuppertal im Bundestag saß, wurde am 26. April 1907 im württembergischen Städtchen Owen geboren. Nach dem Schulbesuch absolvierte er eine kaufmännische Lehre. Von 1927 an war er als Industriekaufmann tätig, bis er 1941 von der Gestapo verhaftet wurde. Nach dem Krieg machte sich Adolf Scheu in Wuppertal selbstständig.

Sein politischer Werdegang begann 1929 beim Christlich-Sozialen Volksdienst, der 1933 von den Nationalsozialisten aufgelöst wurde. Am Anfang seines politischen Wirkens für die Bundesrepublik Deutschland stand 1953 die Gründung der Gesamtdeutschen Volkspartei, gemeinsam mit dem späteren Bundespräsidenten Gustav Heinemann. Mit diesem verband Scheu zeitlebens eine enge Freundschaft. 1957 traten sie gemeinsam in die SPD ein.

Von 1961 bis 1970 war Adolf Scheu in Wuppertal Stadtverordneter, Vorsitzender des Schulausschusses und des Wirtschaftsförderungsausschusses sowie stellvertretender Vorsitzender der SPD-Stadtratsfraktion.

Dem Deutschen Bundestag gehörte Scheu seit 1969 an. Er hatte das Direktmandat des Wahlkreises Wuppertal-West errungen. Als Abgeordneter war Scheu Mitglied des Wirtschaftsausschusses und des Petitionsausschusses, der ihm besonders am Herzen lag.

Sein Wirken auf wirtschaftlichem und auf politischem Gebiet war von christlichem Verantwortungsbewusstsein geleitet. "Adolf Scheu sorgte dafür, dass mitmenschliche Ordnung im Gestrüpp der Paragraphen nicht verkümmert und erstickt." Mit diesen Worten würdigte Herbert Wehner Scheu nach dessen Tod. Johannes Rau meinte: "Er hat Versöhnung zur Tat werden lassen, wo andere noch Recht haben wollten."

Dies wurde besonders deutlich in der wohl bekanntesten Rede Scheus. Im Rahmen der Haushaltsdebatte am 19. März 1975 ergriff er für die SPD-Bundestagsfraktion das Wort. Er sprach seine christlichen Mitbrüder an und forderte einen "Kodex aus christlichem Geiste". Hintergrund des ungewöhnlichen Redebeitrags: Bei der Haushaltsdebatte wurde über viele Punkte gesprochen, die Aufwandsentschädigung der Abgeordneten jedoch ausgespart. Abgeordnete sollten ihre Reden hierzu lediglich zu Protokoll geben.

"Der Bundestag hat häufig genügend Zeit für uferlose und gewiss nicht immer der Sache dienende Debatten", bemerkte Scheu. "Er nimmt sich aber nicht einmal im Jahr bei der Haushaltsdebatte die Zeit, über sich selbst nachzudenken." Diese Tatsache nutzte Scheu zu einer allgemeinen Kritik des Umgangs der Abgeordneten miteinander. Allzu oft stünden parteistrategische Entscheidungen und nicht sachliche Argumente im Vordergrund der Entscheidungen. "Wir sollten Teams des guten Willens bilden", schlug Scheu vor.

Als "Rufer in der Wüste" bezeichnete ihn einige Tage darauf die FAZ, doch wirkte Scheus Appell nach. Einige Jahre später erhielt er das große Bundesverdienstkreuz.

Adolf Scheu starb am 20. Dezember 1978 an den Folgen eines Herzinfarktes. Er hinterließ seine Ehefrau Almuth sowie zwölf Kinder

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