"Manchmal fordert es den ganzen Menschen um weniges zu leisten. In unserer Geschichte sind viele an diesem wenigen gescheitert. Robert Havemann nicht," resümierte Olaf Weißbach,
Geschäftsführer der Robert-Havemann-Gesellschaft. Havemann schloss sich 1933 dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus an und gründete die Gruppe "Europäische Union". Die 50 Mitglieder halfen
verfolgten Juden bei der Ausreise, versteckten sie teils in ihren eigenen Häusern und versorgten sie mit Lebensmitteln. Havemann "zeigte Mitmenschlichkeit in einer unmenschlichen Zeit," las
Gisela Kuck, Mitarbeiterin der israelischen Botschaft, aus der Laudatio zur Ehrung in Yad Vashem vor.
Todeskandidat...
Für diese "Mitmenschlichkeit" wurde Havemann 1943 zum Tode verurteilt. Befreundete Wissenschaftler schafften es, die Vollstreckung bis Kriegsende zu verschieben. Sie schlugen vor, Havemann
könnte in seiner Funktion als Chemiker zur Entwicklung neuer Giftgase beitragen. Bis zu seiner Befreiung durch die Rote Armee hielt er die Nationalsozialisten mit theoretischen Ausführungen hin.
"Diese wurden nie in die Praxis umgesetzt," betonte der Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts, Dieter Hoffmann.
...mit Zugabe
"Es wäre naiv zu glauben, dass der 2. Weltkrieg spurlos an ihm vorüber ging," erläuterte Weißbach die zunächst pro-stalinistischen Überzeugungen Havemanns. In den Nachkriegsjahren
engagierte sich der Chemiker für den Aufbau der DDR als kommunistische Alternative. "Er empfand das Leben nach dem Todesurteil als Zugabe," urteilte Hoffmann. Das habe ihn angetrieben sich
politisch zu engagieren. Doch die Enthüllungen der Verbrechen Stalins hätten den "Anwalt eines freiheitlichen Sozialismus" tief erschüttert. Seit den 60er Jahren gehörte Havemann zu den
bekanntesten Kritikern des SED-Regimes und wandte sich ganz vom Sozialismus ab. Havemann erhielt Berufsverbot. Er wurde zum "Staatsfeind der DDR" erklärt und "völlig aus dem öffentlichen
Bewusstsein gestrichen", so Hoffmann. Bis zu seinem Tod 1982 wehrte sich Havemann gegen eine Zwangsausweisung - trotz Hausarrest und ständiger Überwachung.
Das Neue Forum
Havemanns Aktionsprogramm gegen die SED-Regierung blieb weites gehend unbeachtet. Doch das hinderte ihn nicht daran, weiter an seinen Überzeugungen fest zu halten. "Für ihn waren sowohl der
Kapitalismus als auch der reale Sozialismus keine Grundlagen für eine humaitäre Gesellschaft," urteilte der Historiker Manfred Wilke. Katja Havemann, die Ehefrau des Geehrten, setzte sich nach
dem Tod ihres Mannes weiter für den Widerstand ein. Auf ihrem Grundstück wurde das Neue Forum, die bedeutendste Bürgerbewegung der DDR, gegründet. "Wer immer ein Menschenleben rettet, hat damit
gleichsam die ganze Welt gerettet," steht auf der Ehrenurkunde Yad Vashems, die dem engagierten Widerstandskämpfer 2005 verliehen wurde.
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