Im Herbst 1961 zwang der 85-jährige Bundeskanzler Konrad Adenauer die FDP in eine Koalition, welche die Liberalen vor der Wahl ausgeschlossen hatten. Dafür musste er einiges bieten, auch ein Ministerium für Walter Scheel, der sich im Europäischen Parlament mit Entwicklungshilfe befasst hatte. So entstand das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ).
An einem richtigen, arbeitsfähigen Ministerium war Adenauer nicht gelegen. Erst der Kanzler Ludwig Erhard sprach dem BMZ wenigstens die Federführung für technische Hilfe durch Entsendung von Experten zu. Das war etwa ein Viertel des Entwicklungsetats. Aber auch über diese Projekte wurde in interministeriellen Referentenausschüssen (IRA) entschieden. Erst 1973, zu Beginn der zweiten Regierung Brandt/Scheel, wurde aus dem BMZ ein handlungsfähiges Ministerium.
Walter Scheel fand für das, was er – ohne im Einzelnen entscheiden zu können – öffentlich zu verantworten hatte, die richtige Formel: „Hilfe zur Selbsthilfe“. Alle seine Nachfolger haben sie übernommen. Es ging darum, Menschen im Süden des Globus dabei zu helfen, Hunger, An-alphabetismus, Arbeitslosigkeit zu überwinden, junge Leute an moderne Technik heranzuführen, solide Verwaltungen aufzubauen. Natürliche setzte jeder Minister – auch die beiden Ministerinnen – eigene Akzente. Frauenförderung oder gar eine Energieversorgung durch Erneuerbare Energien waren in den Sechzigerjahren kein Thema, wohl aber um die Jahrtausendwende. Fragile Staaten vor dem Zerfall zu bewahren, war in den Siebzigerjahren noch nicht nötig, heute ist es eine der wichtigsten Aufgaben.
Sieht man vom ersten Minister, Walter Scheel, ab, so haben bis 2009 nur die SPD und die bayerische CSU die Minister gestellt, die SPD ziemlich genau für die Hälfte der 50 Jahre. Auch wenn jeder Minister seine eigene Sprache und seine eigenen Schwerpunkte hatte, setzten alle auf Kontinuität. Keiner kritisierte die Vorgänger, weder öffentlich noch intern. Alle wussten, dass auch ein wohldurchdachtes Projekt scheitern kann. Im Ministerium waren alle bemüht, das Geld der deutschen Steuerzahler so einzusetzen, dass für das betroffene Entwicklungsland optimaler Nutzen entsteht. Wie dies möglich wird, war Gegenstand einer nie abreißenden Diskussion.
Gegen diese Kontinuität hat erst 2009 Dirk Niebel verstoßen, nicht nur durch unbedarfte Kritik an seiner Vorgängerin, sondern schließlich durch die erstaunliche Behauptung, das Ministerium, das er ursprünglich abschaffen wollte, gebe es gar nicht mehr. Sollte es wirklich ein ganz neues, anderes Ministerium geben, so ist dies keine 50 Jahre, bestenfalls 50 Wochen alt. Es wird auch keine 50 Jahre alt werden. Aber die Arbeit des BMZ ist noch lange nicht getan.