Dabei schrieb er als Gründervater der ÖTV (Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes, Transport und Verkehr) auf Bundesebene und als Bürgermeister Viersens durchaus Geschichte.
Hubert Vootz wurde am 24. April 1886 in Dülken geboren. Von 1892 bis 1900 besuchte er die Volksschule. Knapp zwanzigjährig trat er am 1. April 1906 in die SPD und in die Gewerkschaftsbewegung
ein. Die längste Zeit seiner beruflichen Tätigkeit war er im Bau beschäftigt - brachte es dort vom Vorarbeiter bis zum Lagermeister.
Mut und Widerstand
1925 wurde Hubert Vootz Mitglied des überparteilichen Kampfbundes "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold" und war damit der "Eisernen Front" korporativ angeschlossen. Offensiv verteidigte er für die
Weimarer Republik und somit die Demokratie. Wegen seiner politischen Überzeugung wurde er auf Druck der NSDAP Dülken am 1. März 1933 vom Bau entlassen. Für seine Familie waren wirtschaftliche und
soziale Probleme die Konsequenz.
Doch im Herbst 1933 war ihm und seiner Familie das Glück noch einmal hold: Als die Bauarbeiten an der "Kleinsiedlung für Erwerbslose" in Dülken abgeschlossen waren, zog er das große Los. Er
bekam eines der insgesamt 36 Häuser. Doch Deutschlands Niedergang schritt weiter voran. Welch Armutszeugnis, als allein die verbliebenen SPD-Abgeordneten am 23. März 1933 gegen Hitlers
Ermächtigungsgesetz stimmten. Der mutige Vorsitzende der SPD-Reichtagsfraktion Otto Wels rief damals in die Menge: "Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht." Ab 21. Juli 1933 wurden
Gesetze allein vom Reichskanzler Hitler verabschiedet. Am 1. Dezember 1933 trat das Gesetz zur Einheit von Partei und Staat in Kraft.
Vootz folgte dem Aufruf der SPDler aus dem Exil: Der Sturz der Despotie "kann nur erwachsen aus der Tat der Massen selbst". 1934/1935 gehörte er der sozialdemokratischen Widerstandsgruppe um
die Brotfabrik Germania in Duisburg-Hamborn an. In Lesezirkeln tauschten die Genossinnen und Genossen, SPD-Material, sozialdemokratische Zeitungen und Tarnschriften aus. Ziel war es, sich der
gemeinsamen Werte bewusst zu werden und sich über den internationalen Kampf gegen den Faschismus zu informieren. Im Juli 1935 verhafteten die Nazis Hubert Vootz. In der monatelangen
Untersuchungshaft wurde er von der Gestapo gefoltert und schließlich zu 17-monatigem Zuchthaus in der Strafanstalt Lüttringhausen verurteilt. Im Oktober 1936 kündigte der Bürgermeister von Dülken
Hubert Vootz sein Haus. Er begründete dies mit dessen Verurteilung im "Brotfabrik"-Prozess. Nach der Haftentlassung 1938 wurde Vootz bis März 1945 zur Zwangsarbeit im Bau verpflichtet. Er überlebte
die NS-Zeit stark gezeichnet.
Engagement und guter Wille
Nach der Befreiung im März 1945 engagierte Vootz sich sofort beim lokalen Wiederaufbau von SPD, Gewerkschaften sowie der AWO. Vom 28. bis 30. Januar 1949 nahm er als ordentlicher Delegierter
der Gewerkschaft ÖTV der britischen Zone, Bezirk Nordrhein-Westfalen, am Vereinigungsverbandstag der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, Transport und Verkehr in Stuttgart teil. Damit gehört
er zu den Gründervätern der ÖTV auf Bundesebene. Hubert Vootz war Bürgermeister in Viersen vom 13. November 1950 bis zu seinem plötzlichen Tod am 24. August 1956. Oberstadtdirektor Schaub hatte
Hubert Vootz anlässlich seines 70. Geburtstags als einen "Wanderer zwischen den Welten" bezeichnet. In der "dunklen Zeit der Naziherrschaft" habe Vootz "aktiv gegen Unfreiheit und Unrecht
gekämpft". Für sein Lebenswerk bekam er an diesem Tag das Bundesverdienstkreuz. Sein Tod war letztlich eine Folge von Folter, Haft, Hunger und Zwangsarbeit.
Der Trauerzug für Vootz hatte eine "ungewöhnliche Note" schrieb der "Grenzland Kurier" am 29. August 1956. Menschen der verschiedensten Parteien sowie beider christlichen Konfessionen standen
mit der Familie vereint am Grab. Der ethische Sozialist Hubert Vootz hatte zu Lebzeiten viele Bürger und parteipolitische Gegner davon überzeugen können, wie wichtig die Gemeinschaft des "guten
Willens" ist. Auch deshalb nannten die Falken 1986 ihr Jugendheim in Viersen " Hubert-Vootz-Haus". Vootz habe ihnen immer geholfen, ohne es "an die große Glocke" zu hängen. "Der war so schlicht und
einfach - ohne große Dingens", so der damalige Falken-Leiter, jetzt Geschäftsführer, Dieter Liedgens.
Hubertz Vootz kämpfte für Demokratie, Legalität und Legitimität. Er trat gegen ein brutales Regime ein, das keine Grenzen kannte. Seine Lebens-Geschichte ist exemplarisch für einen deutschen
Sozialdemokraten, der die Zeit vom deutschen Kaiserreich bis zur Bundesrepublik Deutschland durchlebte.
Selda Göktas
Mehr zu Hubert Vootz: Lothar Klouten: Hubert Vootz - Ein Leben für die Freiheit, Hubert-Vootz-Haus e.V., 159 Seiten, 9,80 Euro, ISBN: 978-3-00-023682-2
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