Am Donnerstag wird in vielen Ländern wieder der Tag der Arbeit gefeiert. Aber warum eigentlich am 1. Mai? Seinen Ursprung hat der Feiertag ausgerechnet in einem Land, in dem er gar nicht begangen wird. Ein Rückblick. 

Am 1. Mai 1884 streikten in den USA 400.000 Beschäftigte aus 11.000 Betrieben. Die Regelarbeitszeit betrug damals zehn Stunden täglich. Zuviel, meinten die US-amerikanischen Gewerkschaften und forderten den Acht-Stunden-Tag. Für ihre Protestaktionen wählten sie den sogenannten „Moving day“, an dem traditionell viele Arbeitsverträge endeten oder neu aufgesetzt wurden. Eben den 1. Mai.

Trotz der hohen Beteiligung verpuffte die Streikaktion weitgehend wirkungslos. Am Haymarket in Chicago endete der mehrtägige Protest sogar in einem Drama. Als Polizisten die Kundgebung am 3. Mai auflösen wollten, erschossen sie sechs Menschen. Am Folgetag zündete ein Unbekannter eine Bombe. 18 Menschen, mehrheitlich Polizisten, starben. Daraufhin wurden mehrere Arbeiterführer hingerichtet, obwohl man ihnen keine Verbindung zu dem Attentat nachweisen konnte.

Doch die Idee, mit landesweiten Massenkundgebungen auf den Acht-Stunden-Tag zu drängen, war damit nicht gestorben. Mit langem Vorlauf beschlossen die amerikanischen Gewerkschaften im Dezember 1888, am 1. Mai 1890 erneut zu streiken. Auf einem gemeinsamen Kongress im Juli 1889 in Paris schlossen sich sozialistische Parteien aus zahlreichen Ländern dem Vorhaben an. Am 1. Mai 1890 wollte die internationale Arbeiterbewegung ein gemeinsames Zeichen für eine kürzere Arbeitszeit setzen. Auch wenn es nur als einmalige Kundgebung geplant war, markiert dieser Beschluss die Geburtsstunde des Tags der Arbeit.

Die Gewerkschaften einen ihre Kraft

In Deutschland beteiligten sich an diesem Tag 100.000 Arbeiter an Streiks oder Demonstrationen, obwohl die SPD (damals SAPD) immer noch verboten war und den Teilnehmern harte Sanktionen drohten. Politisch konnten sie ihr Ziel nicht erreichen. Doch für die beteiligten Gewerkschaften war es eine eindrucksvolle Demonstration der gemeinsamen Stärke. Noch im gleichen Jahr beschlossen sie, sich in der „Generalcommission der Gewerkschaften Deutschlands“ zusammenzuschließen – dem ersten deutschen Gewerkschafts-Dachverband. Die SPD forderte auf ihrem ersten Parteitag nach der Wiederzulassung im Herbst 1890 in Halle, den 1. Mai dauerhaft als „Feiertag der Arbeit“ einzuführen.

Bis es tatsächlich dazu kam, war es noch ein weiter Weg. Im Kaiserreich stieß die Arbeiterbewegung mit ihrem Wunsch nach einem eigenen, offiziellen Feiertag auf taube Ohren. Erst nach dem Ersten Weltkrieg kam Bewegung in die Angelegenheit. Die Weimarer Nationalversammlung bestimmte den 1. Mai 1919 einmalig zum gesetzlichen Feiertag. Wie es in den Folgejahren weitergeht, sollte entschieden werden, wenn die Verfassung verabschiedet ist. Letztlich scheiterte eine Regelung aber am Widerstand der bürgerlichen Parteien, die umstürzlerische Propaganda fürchteten.

Ausgerechnet die Nationalsozialisten waren es dann, die den 1. Mai dauerhaft als Feiertag einführten. Es war ein perfider Plan, um die Anhänger der Gewerkschaften von Hitler zu überzeugen: Am 1. Mai 1933 ließen die Nazis mit großen Kundgebungen den „Tag der nationalen Arbeit“ feiern. Viele freie Gewerkschaften schlossen sich den Aufmärschen an. Nur einen Tag später stürmten SA-Schergen die Gebäude der freien Gewerkschaften. Sie wurden aufgelöst.

Propaganda und Protest

Nach dem Sturz des NS-Regimes wurde der 1. Mai als Feiertag beibehalten. In der DDR ließ die SED an diesem Tag aufwendig inszenierte Maikundgebungen mit vorgeschriebenen Parolen abhalten. Das sozialistische Regime feierte sich selbst. In der Bundesrepublik organisierten die Gewerkschaften Demonstrationen für mehr Arbeitnehmerrechte.

Heute ist der 1. Mai in vielen europäischen, asiatischen und amerikanischen Ländern ein Feiertag. Ausgerechnet die USA feiern den Tag der Arbeit allerdings an einem anderen Datum. Dort wird der „Labor Day“ erst im September begangen.

In diesem Jahr lautet das Motto des Deutschen Gewerkschaftsbunds und seiner Mitgliedsverbände für den 1. Mai: „Gute Arbeit. Soziales Europa“. Der Acht-Stunden-Tag wurde übrigens bereits 1918 in Deutschland eingeführt. Und in den 1960er und 1970er Jahren setzten die Gewerkschaften sogar durch, dass der Samstag arbeitsfrei bleibt. 

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Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

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