Debatte

Feminismus ist (auch) Männersache

Feminimus lädt Männer vom Wortsinn her eher nicht dazu sein, sich das Konzept zu eigen zu machen. Davon sollten sie sich aber nicht abschrecken lassen, meint Robert Franken. Denn Männer können einen wichtigen Beitrag zum Feminismus leisten – nicht nur zum Wohl der Frauen.
von Robert Franken · 23. August 2017
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Vor nicht allzu langer Zeit wurde im Blog von Mädchenmannschaft konstatiert, dass der optimale Beitrag, den Männer zum Feminismus leisten könnten, der Abwasch sei. Auch ich finde es grundsätzlich natürlich gut, wenn sich Männer mehr ums dreckige Geschirr kümmern – zumal es tatsächlich so etwas wie Spülsexismus zu geben scheint –, doch dabei würde ich es dann doch nicht belassen wollen.

Das männliche Privileg

Um im Bild zu bleiben: Es gibt ganz bestimmt eine Menge Nachlässigkeit, wenn man sich männliches Engagement für feministische Ziele ansieht. Auf diesem Gebiet stapeln sich, wenn man so will, meterhoch schmutzige Pfannen, Töpfe und Teller. Fast möchte man glauben in eine „Messi“-Küche geraten zu sein – oder doch wenigstens in eine Fünfer-WG in Berlin-Kreuzberg. Doch erst muss man die Gründe dieser Nachlässigkeit verstehe wollen.

Mein eigener Weg zum Feminismus führte über das Erkennen meines Privilegs. Frauen hingegen finden meist über das Erleben von Diskriminierung zu einem feministischen Engagement. Bei mir dauerte es daher auch ein wenig länger, bis ich begriff, dass meine privilegierte Position mich einerseits ermächtigte, andererseits auch verpflichtete mich feministisch zu engagieren. 

Die Perspektive wechseln

Feminismus lädt Männer ja schon vom Wortsinn her nicht unbedingt ausdrücklich dazu ein, sich das Konzept zu eigen zu machen. Dennoch: Auch, wenn wir dringend neues Vokabular und neue Narrative brauchen, sollte Mann sich nicht von einer Definition abschrecken lassen, die ihn nicht ausdrücklich einschließt. Stattdessen hilft ein Wechsel der Perspektive.

Wer sich einmal dessen bewusst wird, wie Frauen systematisch und flächendeckend benachteiligt wurden und werden, der findet schnell zu einer Haltung, die Wege für die Unterstützung hin zu echter Gleichstellung aufzeigt. Ein Weg ist für mich dabei das beschriebene Privileg zu kritisieren. Das ist eine meiner Rollen und dieses Bewusstsein führte u.a. zur Gründung der Plattform Male Feminists Europe

Ohne Männer keine Gleichberechtigung

Gemeinsam mit dem dänischen Feministen, Musiker und Politiker Henrik Marstal hatte ich nach einer Plattform für männliches Engagement im Feminismus gesucht. Wir wollten aufzeigen, dass es am Ende ohne die Einbeziehung der Männer keine Gleichstellung geben kann; gleichzeitig wollten wir den Männern einen Zugang zur feministischen Agenda ermöglichen und ihnen aufzeigen, dass sie aus einem Engagement in diesem Zusammenhang sehr viel für ihr eigenes Leben und ihre Rolle ableiten können. Am Ende haben wir diese Plattform dann selbst gestartet.

Sehr häufig hören und lesen wir das Argument, Männer seien das eigentlich diskriminierte Geschlecht. Meist wird in diesem Zusammenhang auf die höhere Selbstmordrate, die geringere Lebenserwartung und die schlechteren Chancen nach einer Trennung hingewiesen. Dass all diese Themen ihre Gründe auch und vor allem in der systematischen Diskriminierung von Frauen haben, wird dabei gerne übersehen.

Was Männer zum Feminismus beitragen können

Aber mit „Whataboutism“ (also mit der Ablenkung von Missständen mittels der Frage „Was ist eigentlich mit…?) kommen wir nicht weiter. Stattdessen geht es wirklich nur gemeinsam. Feminismus wird fälschlicherweise oft als ein Thema betrachtet, bei dem sich Frauen mit Frauenangelegenheiten beschäftigen. Das ist schlicht falsch. Statt dessen handelt es sich um eine soziale Bewegung, die sich für Gleichberechtigung, Menschenwürde und die Selbstbestimmung von Frauen einsetzt und die sich außerdem gegen Sexismus wendet. All das muss auch im Sinne von uns Männern sein.

Der aus meiner Sicht wichtigste Beitrag, den Männer zum Feminismus leisten können, ist die Reflexion ihrer eigenen Rolle. Und damit einhergehend ein (möglichst empathischer) Perspektivenwechsel um verstehen zu lernen, wie Diskriminierung entsteht und wie und wo sie sich manifestiert. Im Zuge dieses Prozesses wird dann recht schnell klar, wie man selbst ganz konkret tätig werden kann: in der Partnerschaft, im beruflichen Umfeld, als Elternteil uvm. Wir werden uns gesellschaftlich nur im Schulterschluss aller Geschlechter weiterentwickeln können. Und Männer können mindestens 50 Prozent dazu beitragen.

Autor*in
Robert Franken
Robert Franken

ist Berater für Digitale Transformation, Organisationskultur und Diversity. Nach 15 Jahren im Digitalgeschäft (u.a. als Geschäftsführer von urbia.de und Chefkoch.de) beschäftigt er sich als Autor und Keynote Speaker mit Diversity und Gender Equality. Er ist Mitgründer der Plattform Male Feminists Europe.

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