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NPD nimmt einstweilige Verfügung gegen Verbots-Gutachter Kailitz zurück

Die NPD musste am Freitag ihren Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen den Gutachter im NPD-Verbotsverfahren, Steffen Kailitz, zurücknehmen. Die Voraussetzungen für eine Dringlichkeit sah der Richter nicht erfüllt. Wahrscheinlich geht der Streit in einem Hauptsacheverfahren weiter.
von Marc Brandstetter · 11. Juni 2016
Steffen Kailitz
Steffen Kailitz

Das Interesse war riesig. Dutzende Medienvertreter und andere Interessierte standen vor dem Verhandlungssaal im Dresdner Landgericht Schlange, in dem am Freitag der Widerspruch des Politikwissenschaftlers Steffen Kailitz gegen eine vom Gericht erlassene einstweilige Verfügung zugunsten der NPD verhandelt wurde. Diese untersagte dem Sachverständigen im NPD-Verbotsverfahren bei einer hohen Strafandrohung die Wiederholung einer wissenschaftlichen Erkenntnis.

Zuvor hatte Kailitz in einem Gastbeitrag für „Die Zeit“ mit dem Titel „Ausgrenzen, bitte“ – nicht zum ersten Mal – die These vertreten, die NPD plane „rassistisch motivierte Staatsverbrechen und wolle acht bis elf Millionen Menschen aus Deutschland vertreiben, darunter Millionen Deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund“.

NPD muss zurückrudern

Die NPD selbst erschien in Mannschaftsstärke. Im Gerichtssaal nahm neben ihrem Anwalt Peter Richter, der die Partei als Prozessbevollmächtiger im Verbotsverfahren vertritt, Bundes-Chef Franz Franz Platz. Erst gestern war der Saarländer bei einer Kundgebung der Dresdner NPD gegen die „Bilderberger Konferenz“ aufgetreten, die kaum Außenwirkung erzielte. Anwesend waren u. a. außerdem der sächsische Landesvorsitzende Jens Baur, sein Berliner Kollege Sebastian Schmidtke, der Ex-Landtagsabgeordnete Arne Schimmer sowie Emma Stabel. Einen Bericht wird die Moderatorin der NPD-Progagandasendung „DS TV“ wahrscheinlich nicht folgen lassen – denn die NPD erlitt heute eine Niederlage.

Im Laufe der knapp eine Stunde dauernden Verhandlung unter dem Vorsitz des Einzelrichters Jens Maier, eines AfD-Mitgliedes, stellte sich heraus, dass die extrem rechte Partei bereits seit Jahren Kenntnis von den Schriften Kailitz´ hatte. Nicht nur, dass Richter in einem Schriftsatz zum Verbotsverfahren die Veröffentlichungen des Wissenschaftlers vom Hannah-Arendt-Institut auflistet, die NPD ging bereits 2008 gegen einen Aufsatz vor, in dem die kritisierten Thesen vertreten wurden.

Damals bemängelte die Rechtsanwältin Gisela Pahl allerdings nur eine Fußnote, ihre Vollmacht hatte der damalige Parteichef Udo Voigt ausgestellt. „Sie waren über die Texte von Herrn Kailitz im Bilde“, sagte sein Anwalt Jörg Nahbert. Eine Dringlichkeit sei nicht geboten. Richter, selbst saarländischer Parteivize, nahm daraufhin den Antrag auf die einstweilige Verfügung zurück.

Die Prozesskosten trägt die NPD

Die NPD kündigte an, in einem Hauptsacheverfahren gegen Kailitz vorgehen zu wollen. Gegenüber den Portal „Endstation Rechts“ zeigte sich der Politikwissenschaftler erleichtert und zuversichtlich: „Im Hauptsacheverfahren wird eine Entscheidung zugunsten der Wissenschaftsfreiheit ergehen“, sagte er. Dann wird eine aus drei Richtern bestehende Kammer über den Fall beraten.

Richter Maier, der einräumte, nicht gewusst zu haben, um wen es sich bei Steffen Kailitz handelt, setzte den Streitwert des Verfahrens auf 10.000 Euro fest. Die Kosten des Prozesses muss die NPD tragen. Außerdem erklärte Maier seinen früheren Beschluss für wirkungslos. Kailitz darf seit Freitag seine Bewertung der NPD-Programmatik wieder äußern.

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Marc Brandstetter

ist Autor der Plattform „Endstation Rechts“.

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