Parteileben

Wahlkampf in Corona-Zeiten: „Natürlich gibt es auch Flyer und Kugelschreiber.“

Am 14. März wird in Rheinland-Pfalz gewählt. Corona und der Lockdown verändern den Wahlkampf der SPD. Generalsekretär Daniel Stich über die Bedeutung der Briefwahl und das „World Wide Wohnzimmer“ von Ministerpräsidentin Malu Dreyer
von Kai Doering · 3. Februar 2021
Wahlkampf Digital: Landtagskandidatin Ruth Greb zu Gast im „World Wide Wohnzimmer“ von Malu Dreyer.
Wahlkampf Digital: Landtagskandidatin Ruth Greb zu Gast im „World Wide Wohnzimmer“ von Malu Dreyer.

Am 14. März wird in Rheinland-Pfalz gewählt. Wie sieht eine heiße Wahlkampfphase in Corona-Zeiten aus?

Auf unserem Parteitag im Januar, bei dem wir unser Wahlprogramm beschlossen haben, hat Malu Dreyer die Mitglieder dazu aufgerufen, zu twittern, bis die Finger wund sind und gerade jetzt im Wahlkampf so viele Online-Formate wie möglich anzubieten. Ich finde, dieser Appell beschreibt die Situation sehr gut. Natürlich versuchen wir trotz Corona, so viele Leute wie möglich auch persönlich anzusprechen – beispielsweise bei Gartenzaungesprächen. Wahlkampf ist immer eine kollektive Kraftanstrengung. Das ist auch in Corona-Zeiten nicht anders.

Was unterscheidet diesen Wahlkampf von vorangegangenen?

Der Online-Anteil ist natürlich deutlich größer. Wir profitieren aber von unserer frühen Planung. Die ersten Grundzüge der Kampagne gab es bereits im Frühjahr 2019. Nach und nach hat dann Corona immer mehr die Agenda bestimmt und damit natürlich auch unsere Wahlkampfplanung. Dabei zahlt sich jetzt aus, dass wir nach der gewonnenen Landtagswahl 2016 mit unserer Vision der „Vernetzten Partei“ vieles in Sachen Digitalisierung der Parteiarbeit und digitale Mitmachmöglichkeiten vorangetrieben haben. Das können wir in der Corona-Zeit sehr gut nutzen.

Also Online-Werbung statt Flyer und Kugelschreiber?

Wie in jeder guten Kampagne setzen wir auch in diesem Wahlkampf auf einen Werbemix. Allerdings ist der digitale Anteil schon größer als in früheren Wahlkämpfen. Wir setzen zum Beispiel stärker auf Facebook-Ads und auf Banner-Werbung. Eine Rolle spielt dabei auch zielgruppenspezifisches und datengetriebenes Targeting im Internet, damit unsere Botschaften genau die Menschen erreichen, für die sie relevant sind. Das bedeutet aber nicht, dass analoge Angebote komplett unter den Tisch fallen. Natürlich gibt es auch in diesem Wahlkampf Flyer und Kugelschreiber. Wir haben uns aber auch noch etwas Spezielles ausgedacht: In der zweiten Februar-Woche wird an eine Million Haushalte ein „Malu“-Magazin verschickt, das neben politischen Inhalten und Persönlichem über Malu Dreyer auch Spaß und Unterhaltung bietet und mit dem wir das Lebensgefühl der Menschen in Rheinland-Pfalz treffen wollen. So machen wir unsere sympathische Ministerpräsidentin und unseren Zukunftsplan für Rheinland-Pfalz auch für diejenigen erlebbar, die nicht an digitalen Formaten teilnehmen können oder wollen.

Gerade hat die Frist zur Beantragung der Briefwahl begonnen, die wegen Corona für viele attraktiv sein dürfte. Haben Sie im Wahlkampf darauf reagiert?

Ja, das ist ein ganz wichtiges Thema. Dabei geht es vor allem darum, zu erklären, wie die Briefwahl funktioniert und wie man die Unterlagen dafür beantragt. Dazu haben wir einen Flyer drucken lassen und bieten auch im Netz viele Informationen. Malu Dreyer hat auch einen Wahlaufruf gestartet und wir waren schon vor dem Briefwahlstart landesweit mit Großflächenplakaten und Zeitungsanzeigen draußen – viel früher als sonst. All das soll verdeutlichen, dass das Wahlrecht ein extrem hohes Gut ist, das es nur in einer Demokratie gibt. Hinzu kommt: Wenn wir die AfD im nächsten Landtag verhindern wollen, geht das nur mit einer hohen Wahlbeteiligung.

Wie entscheidend Briefwahlstimmen sein können, hat man erst kürzlich in den USA gesehen. Wie wichtig ist die Briefwahl für die rheinland-pfälzische SPD?

Früher gab es einen Wahltag. Heute gibt es eher einen Wahlzeitraum, der am 1. Februar begonnen hat und mit der Schließung der Wahllokale am 14. März endet. Diese Entwicklung kann man schon seit einigen Jahren sehen. Corona beschleunigt das jetzt noch. Wir sind darauf vorbereitet und rechnen mit einem Briefwähleranteil von über 50 Prozent. Für uns bedeutet das, bereits jetzt am Anfang präsent zu sein und am Ende nochmal einen starken Schlussspurt hinzulegen.

Ende Januar haben Sie die „Wir-mit-ihr“-Tour gestartet, bei der Ministerpräsidentin Malu Dreyer virtuell durch Rheinland-Pfalz reist und die Landtagskandidat*innen der SPD trifft. Wie funktioniert das?

Malu Dreyer liebt Wahlkampf und die Gespräche mit den Menschen vor Ort. Durch Corona ist all das nur sehr eingeschränkt möglich. Weil Malu nicht zu den Menschen kann, bringen wir nun die Menschen zu ihr. Das ist die Idee hinter dem Format. In Malus eigenem „World Wide Wohnzimmer“ ist nun alle paar Tage ein Wahlkreis zu Gast mit der jeweiligen Kandidatin oder dem jeweiligen Kandidaten. Sie sprechen über spezifische Themen aus dem Wahlkreis, aber auch über Dinge, die ganz Rheinland-Pfalz betreffen. Wer will, kann sich zuschalten, Fragen stellen und mit Malu und den Kandidaten diskutieren. So erreichen wir die Menschen auf ihrem Sofa oder am Küchentisch.

Wie erleben Sie die Parteibasis in diesem Corona-Wahlkampf?

Ich erlebe eine total engagierte und zupackende Partei. Auch diejenigen, die zu Beginn des Prozesses der „Vernetzten Partei“ eher skeptisch waren, sind inzwischen überzeugt von unserem Konzept und nutzen die digitalen Formate für ihre Arbeit und für den Wahlkampf. Alle haben Lust darauf, Teil der Bewegung „Wir mit ihr“ zu sein. Das motiviert schon sehr für den Endspurt und gibt mir ein gutes Gefühl für den 14. März.

Wird die Wahlparty dann auch digital stattfinden?

Wenn die Corona-Zahlen bis dahin nicht deutlich gesunken sind, kann es sein, dass unsere Wahlparty digital stattfinden muss. Ich hoffe und wünsche mir aber sehr, dass ich am 14. März persönlich mit einigen lieben Kolleginnen und Kollegen und mit Malu Dreyer auf ihren Wahlsieg anstoßen kann.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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