Koalitionskrise

SPD zu Asylstreit der Union: Der Koalitionsvertrag gilt

Fabian Schweyher15. Juni 2018
Andrea Nahles
SPD-Chefin Andrea Nahles lehnt den Kurs von Bundesinnenminister Seehofer ab.
Angesichts des Streits in der Union um die Asylpolitik beharrt die SPD auf den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag - und damit auf einer europäischen Lösung. Vor einer Krise der großen Koalition wird bereits gewarnt.

Chaos in der Union: Im Asylstreit zwischen CDU und CSU unterstützt SPD-Chefin Andrea Nahles den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Schlechterdings ist eine Lösung im Alleingang nicht denkbar und sinnvoll“, sagt Nahles und verweist damit auf eine europäische Lösung. Bundesinnenminister Horst Seehofer möchte hingegen Asylbewerber, die in anderen EU-Ländern bereits registriert wurden, an der deutschen Grenze zurückweisen.

Verweis auf Koalitionsvertrag

Nahles fordert von der Union, „sich wieder auf eine sachliche und auf eine kooperative Ebene zu begeben". Sie kritisiert auch das Verhalten des bayerischen Ministerpräsidenten im Asylstreit. „Herr Söder benimmt sich hier wie ein Bonsai-Trump. Er redet von Deutschland zuerst.“ Bereits am Donnerstag hatte die SPD-Chefin von CDU und CSU verlangt, „interne Streitigkeiten möglichst bald zu beenden“. Theaterstücke im Dienste von Landtagswahlen seien nicht angemessen.

Auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil kritisiert die Unionsparteien. „Es geht um Inszenierung, aber es geht nicht wirklich um reale, konkrete Politik“, sagte er im „ARD Morgenmagazin“. „Ich halte das für sehr unwürdig“, führt Klingbeil aus und nimmt Bezug auf das im Koalitionsvertrag vereinbarte europäische Vorgehen in der Asylpolitik. „Wir haben einen Koalitionsvertrag, der gilt.“

Ernste Situation

Auf die getroffenen Vereinbarungen pocht auch Bundesjustizministerin Katarina Barley, die zugleich vor einer Krise der großen Koalition warnt. „Die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag müssen eingehalten werden", sagt sie der "Augsburger Allgemeinen". "Ich bin der Auffassung, dass wir eine funktionierende und menschenwürdige Asyl- und Flüchtlingspolitik nur auf europäischer Ebene wirklich erfolgreich umsetzen können." Die Situation innerhalb der Union sei offenbar ernst. „Wir bei der SPD betrachten das mit einer gewissen Sorge."

SPD-Vizechef Ralf Stegner fordert CDU und CSU auf, den Konflikt zu beenden. „Wir haben einen Koalitionsvertrag, an den wir uns halten. Wir fordern die Union auf, ihre Streitigkeiten möglichst umgehend beizulegen", sagt er gegenüber der dpa.

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Kommentare

Die SPD beharrt auf eine europäische Lösung

Der unionsinterne Machtkampf kann die deutsche Sozialdemokratie stärker betreffen, als ihr recht ist.

Zum einen, weil allein der Verweis auf den Koalitionsvertrag das Bündnis von unionschristlichen und christsozialen Identitären gegen Angela Merkel nicht dämpft. Das Kabinett hat mitten in seinen Reihen einen weißen Teufel, der als Verfassungsminister die europäische Werteordnung nicht wahren will. In alter Manier erpresst dieser in neochauvinistischer Weise seine Regierungschefin. Norbert Röttgen musste wegen weit weniger gehen.

Zum anderen weil Merkels tiefe humanistische Bekenntnis aus 2015 die SPD in ihrer Verfassung stärker berührt, als ihr seid ihrem Angriff auf das deutsche Asylrechts vor 25 Jahren klar ist. Es geht also nicht darum, Merkel oder den Koalitionsvertrag zu verteidigen, sondern als [Im-]puls für Europa eine gesamtkontinentale Lösung zu erreichen. Merkels Vorschlag ist gerade dafür elegant und mehrheitsfähig, innereuropäische Asylanträge mit entsprechender Förderunterstützung auch innerhalb der EU zu bescheiden.

Nur so und damit, lassen sich die neonationalistischen Tendenzen zugunsten des Schengen Abkommens zurückdrängen. Es ist Zeit für ein Dublin III.

Eine neue Dublin-Verordn.

Eine neue Dublin-Verordn. wäre sicher dringend von Nöten (Dublin IV) da die DublinIII-Verordnung noch nicht realisierbare Verfahrenszeiten vorausgesetzt (3 Tage Höchstzeit der Festsetzung von Asylsuchenden rechtlich möglich) um eine Rücküberstellung in den Staat in dem die Asylsuchenden bereits registriert wurden mögl. zu machen. Meist sind die Asylsuchenden mach den 3 Tagen "über alle Berge". Vielleicht wäre zusätzlich wirklich ein kplt. neues Abkommen (mit de benötigten Vorlaufzeit - kein Schnellschuss!) wünschenswert, mit - dank Digitalisierung - intelligenteren, solidar. Verteilungsmechanismen. Gerade eine mögliche Familienzusammenführung könnte viele Asylbewerber dazu bewegen in einen nicht von ihnen favorisierten Staat zu gehen, wenn dort eine solche gewährt würde und gleichzeitig Möglichkeiten zur Erwerbsarbeit bzw. Aus- oder Weiterbildung auf sie warten. So gestärkt, hatte sie nach Befriedung und ausgeschlossener politischer Verfolgung gute Chancen bei Rückkehr in´s Heimatland. Vielleicht gehören sie bis dann aber auch zum erlauchten Kreis derer, die, Dank eines hoffentlich bald beschlossenen Einwanderungsges., helfen den immensen deutschen Fachkräftemangel beseitigen !

Diskussionen in der Feuerwehr bis die Hütte abgebrannt ist ?

Der "Europäische Ansatz" wirkt nicht mehr als Vertrösterli, denn "Europa" hat zu lange durch Untätigkeit geglänzt, als schon Millionen von Menschen unterwegs waren.
Ist schon komisch, Glühbirnenverbote sind in Monatsfrist umsetzbar, eine realistische, für alle Mitgliedsstaaten verkraftbare Lösung zur Flüchtlingproblematik zieht sich jetzt seit wie vielen Jahr(zehnt)en hin ?
Was hat man denn bisher gesehen ?
"Europa" bedeutet nur Aussitzen, in Kommissionen totlabern, weiter nichts tun. Genau das ist einer der wirkmächtigsten Hebel den rechtspopulistische und nationalistische Parteien mit jedem Tag europäischen Unvermögens weiter ansetzen können.

Um "Europa" Zeit zu geben kann es nur nationale Übergangslösungen geben - und die müssen nicht nur auf dem Papier sondern sichtbar wirksam sein.

Seehofer muß "liefern" - und wenn es nur die Merkeldämmerung ist. Zu viele "rote Linien" hat der "Drehhofer" schon überschreiten lassen ohne die groß angekündigten Maßnahmen wie z.B. die Verfassungsklage auch nur ansatzweise umzusetzen. Seehofer wird genau wissen, das er diesmal nicht in letzter Sekunde zu Kreuze kriechen kann ohne sich und seine Partei damit endgültig zu erledigen.

CSU

Die CSU verhält sich genauso schäbig, wie die Rassisten der AFD, denn sie wollen auf dem Rücken von Minderheiten eine Wahl gewinnen. Sie haben es leider geschafft, dass auch in der öffentlichen Diskussion Geflüchtete als Feinde betrachtet werden, die auf jeden Fall ferngehalten werden müssen. Sie haben jeden Anstand verloren – auch im Umgang mit uns! Sie versuchen mit ihrem unverschämten Auftreten doch noch ihre Positionen durchzusetzen, die sie bei den Koalitionsverhandlungen nicht durchsetzen konnten.
Hinzu kommt dieses politisch unfassbare Verhalten, dass sich ein Bundesminister für seinen Vertragsbruch die "Genehmigung" seines Vorstands, einer Regionalpartei erteilen lässt und jetzt auch noch diese Partei über die Richtlinienkompetenz der Bundeskanzlerin stellt. Ein sehr besonderes Demokratieverständnis: Was ein paar Provinzpolitiker denken steht über dem Recht eines Verfassungsorgans! Für die SPD kann es daher nur eine Antwort geben: Schmeißt sie raus!!!
Denn es gilt, was auch schon im Januar erkennbar war: Die CSU wird gar nicht für eine Regierung gebraucht! Mehrheiten lassen sich auch ohne CSU organisieren, sogar stabile – und vor allem inhaltlich bessere für unser Land!