Verzicht auf erneute Kandidatur

Warum Norbert Walter-Borjans als SPD-Vorsitzender aufhört

Kai Doering29. Oktober 2021
Mission erfüllt: Norbert Walter-Borjans will nicht erneut für den SPD-Vorsitz kandidieren.
Mission erfüllt: Norbert Walter-Borjans will nicht erneut für den SPD-Vorsitz kandidieren.
Norbert Walter-Borjans wird auf dem Parteitag im Dezember nicht erneut als SPD-Vorsitzender kandidieren. Das teilte er am Freitag dem Parteivorstand mit. Für die künftige Parteiführung wünscht er sich Kontinuität, aber auch Verjüngung.

Wenn der Bundesparteitag im Dezember die neue SPD-Spitze wählt, wird der bisherige Co-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans nicht wieder kandidieren. Das teilte der 69-Jährige am Freitag dem Parteivorstand mit. Eigentlich wollte ihn der Vorstand seines Heimat-Landesverbands Nordrhein-Westfalen am Abend erneut als Parteivorsitzenden nominieren, doch er habe das Gremium gebeten, darauf zu verzichten, schrieb Walter-Borjans.

Walter Borjans: „Jetzt sollen mal Jüngere ran.“

„Für mich war mit dem Vorsitz von vornherein keine weitere Karriereplanung verbunden, sondern das Ziel, die Partei auf Kurs zu bringen“, hatte Walter-Borjans zuvor schon im Interview mit der „Rheinischen Post“ erklärt. „Mit dieser Mission bin ich so weit gekommen, dass ich sagen kann: Jetzt sollen mal Jüngere ran.“ Ähnlich äußerte sich der SPD-Chef auch in seinem Schreiben an den Parteivorstand. In den vergangenen Jahren sei vieles erreicht worden. Entscheidend aber seien nicht Personen, sondern die Einstellung, die die Partei leite. Die sei am besten zu sichern „mit einer Parteiführung, die Kontinuität gewährleistet, aber auch Verjüngung möglich macht“.

„Mir ging und geht es darum, für einen engen Schulterschluss in der SPD-Führung und über alle Parteigliederungen hinweg zu sorgen. Dafür sind Saskia und ich vor zwei Jahren gemeinsam angetreten, und es ist uns aus der Sicht Vieler auch gut gelungen“, hatte Walter-Borjans bereits Ende August im Interview mit dem „vorwärts“ gesagt, eine erneute Kandidatur für den Parteivorsitz aber offengelassen. Die Co-Vorsitzende Saskia Esken hatte zuvor bereits angekündigt, auf dem Parteitag erneut anzutreten.

Mützenich: „Er hat der SPD sehr gut getan.“

Auf Twitter bedankte sie sich bei Walter-Borjans „für die gemeinsame Zeit“ und den „Mut und die Kraft“, den Parteivorsitz gemeinsam in Angriff genommen zu haben. Esken und Walter-Borjans waren auf dem Bundesparteitag im Dezember 2019 zur ersten paritätischen Doppelspitze in der SPD-Geschichte gewählt worden. Zuvor hatten sie sich in einem Mitgliederentscheid gegen fünf weitere Teams durchgesetzt. „Wir können mit Stolz auf unsere Wegstrecke zurückblicken. Die SPD ist geeint wie lange nicht“, schrieb Esken auf Twitter.

Dank kam auch von SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. „Wir haben mit dir und @EskenSaskia aus der SPD ein Team geformt und unsere Partei wieder erfolgreich gemacht“, schrieb er an Walter-Borjans gerichtet auf Twitter. Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich lobte Walter-Borjans: „Er hat großen Anteil daran, dass wir in der Spitze von Partei, Fraktion und Regierung sehr vertrauensvoll und erfolgreich zusammengearbeitet haben. Zudem ist er insbesondere in den Bereichen Modernisierung und Innovationen, Europa und Friedenspolitik sowie bei seinem Leib- und Magenthema der Finanzpolitik eine wichtige Stimme.“ Mit Walter-Borjans' Ruhe, seiner Erfahrung und seiner Zugewandtheit sei die Partei zu einer sehr geschlossenen Formation geworden. „Er hat der SPD sehr gut getan.“

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Kommentare

Bedauerlich

NoWaBo hat in seiner ruhigen Art und seinem Sachverstand einiges positiv in der SPD bewegt. Seine aufgeregtere Partnerin hat bei mir mit ihrer Covidioten Phrase an Vertrauen verloren; SPD Vorsitzende sollten die Spaltung der Gesellschaft nicht vorantreiben. In solch einer Atmosphphäre ist es schwer mit Argumenten vorwärts zu kommen; in meinem Bekanntenkreis führten solche Äußerungen bei einigen Impfskeptikern zu Trotzreaktionen.

Norbert Walter-Borjans

Ich habe großen Respekt vor NoWaBo für seine Entscheidung. Bei der Urwahl für den Parteivorsitz hatte ich ihn in beiden Fällen gewählt und bin heute überzeugt, die richtige Wahl getroffen zu haben.

Imponiert hatten mir besonders seine Aktivitäten als NRW-Finanzminister durch den Ankauf der Steuer-CD's und die Ablehnung des Bundesrates gegen den von der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines bilateralen Steuergesetzes mit der Schweiz.

Ich wünsche ihm für die Zukunft alles Gute und hoffe, dass es ein:e geeignete:n Nachfolger:in geben wird.

Der Rückzug ist konsequent

Norbert Walter-Borjans hat die Chance, als unbelasteter und ökonomisch gebildeter Kanzlerkandidat anzutreten, der sogar ein Mandat der Mehrheit in der SPD gehabt hätte, sehr zeitig und gründlich vertan und damit alle enttäuscht, die endlich auf eine Ablösung von Scholz gehofft und die vielfach beschworene Erneuerung erwartet hatten. - Der Rückzug von Norbert Walter-Borjans ist nur konsequent!

Rückzug Norbert Walter-Borjans

NoWaBos Rückzugs stimmt traurig. Als einziger Vorsitzender seit Willy Brandt hat er sich - schon bei seiner Antrittsrede Dezember 2019 - für eine aktive Friedensförderungspolitik eingesetzt.
Seit einem Vierteljahrhundert verfolgt die SPD eine militärisch geprägte Sicherheitspolitik (Billigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr, zuletzt deutliche Mittelsteigerung für die Bundeswehr), Bis heute hat sie aber kein Konzept für eine "unmissverständliche" (so Eppler) Politik der Friedensförderung. Das ist aber dringend erforderlich, nicht zuletzt, weil andernfalls das Weißbuch des BMVtg.weiterhin die Richtung unserer internationalen Politik bestimmt.
Dieses Konzept hätte NoWaBo mit breiter Beteiligung der Partei in den beiden nächsten Jahren erstellen, auf einem Bundesparteitag verabschieden lassen müssen und so der SPD ein aktuell geschärftes Friedensprofil geschaffen, denn die Welt wird nicht nur durch den Klimawandel bedroht sondern ebenso durch das neue geschichtsvergessene politische Spiel mit Atomwaffen - zuletzt unwidersprochen (!) von AKK gegenüber Russland.
Jemand, der NoWaBo beim notwendigen friedenspolitischen Aufbruch der SPD ersetzen könnte, ist leider nicht zu sehen.