Frankreich trägt mit seiner Blockade der Genfer Verhandlungsrunde über das iranische Atomprogramm erhebliche Mitverantwortung für ein eventuelles Scheitern der diplomatischen Bemühungen und eine militärische Eskalation des Konflikts mit Teheran.
Hat Frankreich verhindert, daß bei den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm am letzten Wochenende in Genf eine Vereinbarung erzielt wurde? Eine Vereinbarung, die die übrigen Mitglieder der Staatengruppe P5+1 (USA, Russland, China, Großbritannien sowie Deutschland) und auch der Iran unterschrieben hätten?
Die P5+1 „haben dem iranischen Außenminister Sarif in Genf einen auch mit Frankreich abgestimmten Vorschlag präsentiert, den die Regierung in Teheran aber zu diesem Zeitpunkt nicht akzeptieren konnte". Mit diesen Worten bemühte sich US-Außenminister John Kerry am Montag, den Eindruck von Uneinigkeit unter den P5+1 zu verwischen und den schwarzen Peter für das Scheitern der Genfer Verhandlungsrunde dem Iran zuzuschieben. In Berlin lobte die Bundesregierung in ihrer Bilanz der Genfer Verhandlungen ausdrücklich die „konstruktive“ Haltung Frankreichs.
Doch derartige Beteuerungen aus Washington und Berlin stehen in deutlichem Kontrast zu den übereinstimmenden Schilderungen des Verhandlungsablaufs durch Diplomaten Deutschlands und anderer beteiligter Staaten. Danach blockierte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius die Unterzeichnung einer Vereinbarung mit der Forderung, Iran müsse den Bau des Schwerwasserreaktors in Arak beenden. Das lehnte der iranische Außenminister Sarif ab. Die anderen Mitglieder der P5+1 hielten es für ausreichend, dass Teheran nach der bislang für die erste Hälfte 2014 vorgesehenen Fertigstellung des Schwerwasserreaktors auf seine Inbetriebnahme durch Befüllen der Brennstäbe verzichtet. Das hätte Sarif in Genf unterschrieben. Mit dieser Maßnahme wäre ausgeschlossen, dass Iran in Arak Plutonium gewinnt, das zum Bau von Atomwaffen dienen könnte. Auf Basis der Vereinbarung zur Inspektion der iranischen Nuklear-Anlagen, die Teheran am Montag mit der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) unterzeichnete, könnte künftig auch ständig überwachet werden, ob sich Iran an eine Vereinbarung zur Nicht-Inbetriebnahme der Anlage in Arak hält.
Doch Fabius lehnte eine Vereinbarung mit Teheran ohne einen Baustopp für Arak als „Narretei“ ab. "Wenn die Amerikaner etwas unbedingt machen wollen, haben die Franzosen diese schreckliche Angewohnheit zu widersprechen", erklärt François Heisbourg von der Stiftung für Strategische Forschung (FRS) in Paris das „verstörende Auftreten“ von Außenminister Fabius in Genf. Andere Diplomaten und Sicherheitsexperten in Washington , Berlin und Paris sehen durchaus handfestere Motive für die französische Blockade. Die Regierung Hollande habe ihre Position bei den erklärten Feinden des schiitischen Iran - Israel, sowie das sunnitische Saudi Arabien und die anderen Staaten am Persischen Golf - durch ihren Widerstand stärken wollen und erhoffe sich womöglich lukrative Waffengeschäfte in der Region. Obendrein habe Paris einmal mehr den Anspruch auf eine gleichberechtigte Partnerschaft mit Washington signalisiert und gleichzeitig seinen Unmut über das amerikanische Zaudern in Syrien artikuliert.
Die französische Haltung birgt beträchtliche Risiken Mit der Wahl des neuen iranischen Präsidenten Hassan Rohani bestehen nach fast zehn Jahren ergebnisloser Verhandlungen erstmals realistische Chancen, den Streit um das iranische Atomprogramm beizulegen. Doch diese Chancen könnten schnell wieder zunichte werden. Denn Rohani steht unter massivem Druck der konservativen Ayatollahs in Teheran und auch der iranischen Bevölkerung, durch einen Verhandlungserfolg sehr bald zumindest eine Lockerung der einschneidenden Wirtschaftssanktionen gegen sein Land zu erreichen.
Gelingt ihm das nicht, besteht die Gefahr, dass die Führung in Teheran zu ihrer alten, kompromisslosen Haltung zurückkehrt. Wenn die Verhandlungen mit den P5+1-Staaten dann endgültig scheitern, bliebe nicht nur nach Ansicht der israelischen Regierung nur noch eine militärische Aktion, um das iranische Atomprogramm zu stoppen. Das wäre genau das Szenario, das Fabius nach eigener Darstellung mit seinen Zusatzforderungen für eine „wasserdichte“ Vereinbarung mit Teheran verhindern wollte.