Partnerschaft

Ehegattensplitting vor dem Aus?

Die Redaktion05. Oktober 2018
Kinder, Küche, gemeinsames Konto? Eine moderne Partnerschaft sieht oft anders aus.
Seit 60 Jahren gibt es in Deutschland das Ehegattensplitting. Ein neues Gutachten soll jetzt belegen, dass das Ehegattensplitting Ungerechtigkeiten zwischen Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt zementiert. Experten rechnen deshalb damit, dass es bald ein Ende finden könnte.

Verliebt, verheiratet, und dann noch ein gemeinsames Konto: Dass dies nicht mehr der Realität vieler Paare entspricht, zeigen jüngste Zahlen deutlich. Laut Studien leben schon 40 Prozent der Familien heute ohne Trauschein oder als Alleinerziehende. Damit steht möglicherweise ein Steuer-Modell vor dem Aus, das die Finanzsituation in etlichen traditionell orientierten Familien seit Jahrzehnten geregelt hat: das Ehegattensplitting. Für die Abschaffung soll sich jetzt der Wissenschaftliche Beirat des Finanzministeriums laut einem Zeitungsbericht ausgesprochen haben. Es zementiere bestehende Ungleichheiten eher, als schwächer Verdienende zu entlasten, so eine wissenschaftliche Analyse.

Nicht zwingend überholt, aber mindestens überholungsbedürftig, heißt es aus Kreisen der SPD: „Die SPD tritt seit vielen Jahren für eine Reform des Ehegattensplittings ein. Durch die unbegrenzte Übertragbarkeit von Einkommen werden Hochverdiener mit großen Einkommensunterschieden am meisten entlastet.“

Es sei daher nötig, das Steuerrecht stärker auf die Förderung von Kindern ausrichten, unabhängig von der Familienform. „Allerdings: Für heutige Ehen muss aus unserer Sicht Vertrauensschutz gelten und auch für künftige müssen die gegenseitigen Unterhaltsverpflichtungen steuerlich berücksichtigt werden.“

Ehegattensplitting - kurz erklärt

Ehegattensplitting - ein Relikt der 1950er Jahre

Das Ehegattensplitting ist steuerrechtlich tief verwurzelt in der Geschichte der BRD nach dem Zweiten Weltkrieg: Während die Nationalsozialisten durch eine entsprechende Gesetzgebung versucht hatten, Frauen und besonders Mütter vom Arbeitsmarkt abzudrängen, wurde diese systematische Benachteiligung in den 1950er Jahren als politisches und wirtschaftliches Problem erkannt. Zugleich war die traditionelle Familienform mit einem Alleinverdiener noch fest in den Köpfen und in der Gesellschaft verwurzelt. Als Folge dessen wurde ein Splittingtarif nach amerikanischem Vorbild eingeführt, der einerseits die Alleinverdienerehe stütze, andererseits aber auch der Schlechterstellung von Ehegatten und den damit verbundenen Steuerausfällen entgegenwirkte.

Das Prinzip des Ehegattensplitting ist es, die Steuerlast – auch bei ungleichem Einkommen – auf beide Partner zu verteilen. Das Familieneinkommen (also das Gesamteinkommen beider Partner) wird aufaddiert, durch zwei geteilt und dann besteuert. Dies entspricht einem Gesellschaftsbild, das Ehepaare als wirtschaftliche Einheit wahrnimmt.

Wenn einer der Partner viel mehr verdient als der andere, wird sein Einkommen vergleichsweise gering besteuert, das niederere Einkommen dagegen vergleichsweise hoch. Bestehende Einkommensunterschiede werden damit zementiert – und zwar bis ins Rentenalter.

Da der geringerverdienende Part statistisch betrachtet in den allermeisten Fällen die Frau ist, Ehen aber immer weniger lange Bestand haben, erfordere dies nun eine politische Korrektur.

Vom Splitting zum Kinderbonus

Ein Vorschlag der Sozialdemokraten: "Es gilt das Regierungsprogramm aus dem Jahr 2017, dass wir das Ehegattensplitting zu einem Familientarif weiter entwickeln wollen. Alle heutigen Eheleute sollen danach auch in Zukunft das Ehegattensplitting nutzen können. Für die Zukunft wollen wir aber einen Familientarif mit Kinderbonus einführen.“

 

Von dem Kinderbonus des Familientarifs würden verheiratete und unverheiratete Eltern mit Kindern, wie auch Alleinerziehende profitieren: „Jedes Elternteil soll künftig 150 Euro pro Kind von seiner Steuerlast abziehen können. Ein Paar mit drei Kindern könnte allein mit dem Kinderbonus 900 Euro im Jahr sparen. Im Familientarif könnten Ehepartner Einkommensanteile von höchstens 20.000 Euro untereinander übertragen.“

Dadurch würde  künftig der sich aus der verfassungsrechtlich gebotenen Freistellung der gegenseitigen Unterhaltsverpflichtung ergebende Splittingvorteil gewahrt - doch könnten Eheleute dann zwischen dem bisherigen System des Ehegattensplittings und dem neuen Familientarif mit Kinderbonus frei wählen.  

 

 

Kommentare

Endlich kommt das

Endlich kommt das Ehegattensplittung auf den Prüfstand. Es ist ungerecht, wenn z.B. eine Alleinerziehende arbeiten gehen muss und nach Lohnsteuerklasse I besteuert wird, während ein kinderloses Paar, wo nur 1 Person berufstätig ist, das Ehegattensplittung für sich beanspruchen kann (Lohnsteuerklasse III). Nicht nur das gehört auf den Prüfstand, sondern auch die kostenlose Mitversicherung von Ehefrauen/Ehemännern in der gesetzlichen Krankenkasse und in der Rentenversicherung (Witwenrente).Der Focus muss einzig und allein auf die Kindererziehung gerichtet werden, wobei es am gerechtesten wäre, wenn das Kindergeld entsprechend erhöht würde und die Kinderfreibeträge abgeschafft würden (Kinder müssen für den Staat alle gleich sein). Hinzu sollten Kindererziehungszeigen in der Rentenversicherung stärker berücksichtigt werden. Nicht das Ehezertifikat gehört subventioniert sondern allein die Kindererziehung.

Vorsicht beim Wegnehmen...

Es könnte zu viel sein.
Betrachten wir den Fall Familienversicherung. "altmodisches" Familienbild weil der Ehepartner arbeitsunfähig wurde oder dauerhaft arbeitslos ist.
Die Abschaffung der Familienversicherung wird solche in den heutigen Zeiten ohnehin schon als Härtefall zu betrachtenden Lebensgemeinschaften mit Alleinverdiener noch weiter in die Armut treiben ohne das ein Gegenwert daraus resultiert.
Für die ihre Leistungen seit Jahrzehnten immer weiter beschneidenden Krankenkassen toll, für die Versicherungsnehmer eine Katastrophe.
Damit wird Arbeit noch unattraktiver als ohnehin schon, wo ausgelernte Gesellen nach allen realen Abzügen nicht wesentlich besser dastehen als ALG II Empfänger - und das liegt keinesfalls daran das Hartz IV zu hoch angesetzt ist.
Fokus alllein auf Kindererziehung (Im Sinne von: Aktuelle Unterstützung/ Entlastung entziehen oder mindern.) macht Eltern und kinderlose Paare zu minderwertigeren Menschen.

Wie bei fast allen Agenda- und Uralt-Politik Problemen reicht die strikte Anwendung des Grundgesetzes auch für Kinder an sich aus (Art. 6 GG). Müßte nur mal jemand umsetzen.

Um was ist mit der nicht

Um was ist mit der nicht verheirateten Person die dauerhaft arbeitsunfähig oder arbeitslos wird? Sind das Menschen zweiter Klasse? Ich meine, wer keine Kinder erzieht kann arbeiten gehen und in jeglicher Hinsicht für sich selbst sorgen. Wer Kinder erzieht, muss entsprechende Erleichterungen in der Sozialversicherung sowie auf der steuerlichen Ebene, besser noch wäre höheres Kindergeld (keine Steuerfreibeträge, sondern ein einheitliches Kindergeld) erhalten. Es geht um Gerechtigkeit, das Ehegattensplittung ist meiner Ansicht nach zutiefst ungerecht. Mag sein, dass das Gesetz in den fünfziger und sechziger Jahren seine Berechtigung hatte, wo fast ausschließlich ein Alleinverdiener in einer Familie usus war. Die Zeiten haben sich geändert.

"Gerechtigkeit" existiert nicht

Auf die Allgemeinheit angewandte starre Regelungen sind immer nur in Einzelfällen "gerecht" auf die sie passen.
Ich sehe ein massives Problem dabei, einfach einer Propaganda hinterherzurennen die von den Partei(en) in die Welt getragen wird die sich in den letzten 20 Jahren ausschließlich durch deutliche Verschlechterungen im Gewand von "Verbesserungen" hervorgetan haben.
Riesterbetrug und Hartz sollte wohl als Beispiel reichen.

Das Ehegattensplitting muß demnach zumindest dann beibehalten werden, wenn der Ehepartner tatsächlich ohne nennenswertes eigenes Einkommen die steuerlich sogenannte "Zugewinngemeinschaft" "belastet".
Gleiches gilt für die Familienversicherung.

Das die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften weiterhin politisch verweigert wird, darf nicht dazu führen das die Ehe schlechter gestellt wird, das wäre übrigens auch ein Verstoß gegen den grundgesetzlichenAuftrag des "besonderen Schutzes von Ehe und Familie", wobei ich eingetragene Partnerschaften gern als "Familie" anerkenne.

Bitte Vorsicht beim Ruf nach der Wegnahme von "Vergünstigungen". Kennen wir schon vom "Fordern und Fördern", bei dem das "Fördern" vollständig weggelassen wurde.

Was das Ehegattensplittung

Was das Ehegattensplittung anbetrachtet, kommen wir wohl nicht auf einen Nenner. Vielleicht liegt es daran, dass ich als Verheiratete selbst 45 Jahre gearbeitet habe, 2 Kinder geboren habe und aus dem Grunde ein andere Sichtweise vertrete. Es wird viel von Gendergerechtigkeit etc. geschwafelt. Wenn es diese Gerechtigkeit geben soll, muss das Ehegattensplittung zur Debatte gestellt werden. Frauen/Männer/gleichgeschlechtliche Partner können, sofern keine kleineren Kinder zu versorgen sind, selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen. Partner die aufgrund von Kindererziehung vorüberwiegend weniger arbeiten können, müssen entsprechend entschädigt werden z.B. durch ein erhöhtes Kindergeld, steuerliche Vergünstigungen und eine entsprechende Berücksichtigung in der gesetzl. Rentenversicherung.

Anerzogene Wahrnehmung als Problem

Nachdem ich mir den Verlauf der Diskussion sowie andere Diskussionen zum angeblich die Frauen benachteiligenden Ehegattensplitting nochmal durchgelesen habe ist mir Etwas aufgefallen, was viele gleichartige Änderungsforderungen betrifft.

Betrachtet man das Ehegattensplitting rein funktional statt geschlechterbezogen so bedeutet es lediglich, das Ehepaare ihre Steuerlast genauso "optimieren" dürfen wie Großkonzerne.
Ich kenne Fälle, in denen es wegen des deutlich geringeren Einkommens des Mannes genau andersherum gehandhabt wird als hier im Artikel und in der öffentlichen Wahrnehmung. Eine explizite Definition das der weibliche Ehepartner den schlechteren Steuersatz zu tragen hat existiert nämlich nicht.

Demzufolge erleben wir eine weitere mediale Scheindiskussion mit absichtlich verzerrten Fakten die den eigentlichen Mißstand - überwiegend schlechtere Bezahlung von Frauen - unterschlägt und eine für die Betroffenen nachteilige "Lösung" für ein fiktives Problem anbietet statt das tatsächliche Problem auch nur zu benennen.

Der Unterschied zwischen Äpfel und Birnen

Egal wie die Alternativen aussehen werden. Sie werden der Überprüfung des Bundesverfassungsgerichts bestehen müssen. Und dort ist klar, dass der juristische Familienbegriff kinderlose Familien einschließt. Das Alleinerziehende hier schlechter gestellt sind, muss klar ausgeglichen werden. Der juristisch verfassungsfeste Familienbegriff durchzieht jedoch nicht nur das Steuerrecht, sondern auch das Sozialrecht und andere Bereiche. Das zwei Menschen gemeinsam besser veranlagt werden, wird von den Betroffenen selbst nicht wahrgenommen.

Sie schauen nur auf den anteiligen Einzelverdienst, der steuerrechtlich schlechter gestellt wäre, würden sie nicht GEMEINSAM veranlagt werden. Gender Mainstreaming im Arbeitsrecht und Lohn- und Gehaltsgefüge, lässt sich nicht steuerrechtlich lösen, sondern muss im Sinne von Geschlechtergerechtigkeit eigengesetzlich geregelt werden. Die skandinavischen Sozialdemokratien treten hier perspektivisch robust auf. Die deutsche Sozialdemokratie glänzt durch Hasenfüßigkeit. Steuerrechtliche Augenwischerei ist genauso vergeblich wie reine semantische Spiegelfechterei. Die Kraft dies zu ändern, traue ich den derzeit Verantwortlichen in der SPD schlicht nicht zu.

Unfug

Die steuerliche Abschreibung von Kindern ist Unfug. Wer ein geringes Einkommen erzielt und keine oder kaum Steuern bezahlt, dem nützt sowas garnichts - es ist also eine Bevorzugung der Besserverdienenden.
Die steuerliche Absetzbarkeit des Ehegatten sollte sofort abgeschaft werden.
Ausreichendes Kindergeld für jedes Kind gleich viel ! Keine Anrechnung auf Hartz IV !
Und sowas wie Bedarfsgemeinschaften sollten auch abgeschaft werden; es zählt das Individum und das Recht dieses Individuum sich frei zu entfalten.
Die SPD sollte sich endlich von dem 1000jährigen Familienbild verabschieden.

Veraltet abernoch existent

Vorsicht bei der Verallgemeinerung des "veralteten" Familienbildes.
Alleinerziehende endlich gleichstellen verdient volle Unterstützung.
Wenn man aber so wie hier schon sichtbar den Fokus allein auf Umverteilung zugunsten der werbewirksameren Bevölkerungsanteile richtet um davon abzulenken was man den anderen wegnehmen will wirds gefährlich.
Gerade bei steuerlichen "Entlastungen "hat man bei den GroKo-Parteien id eletzten Jahrzehnte immer weider gesehen, das es allein um den Vorteil der Besser- und Bestverdienenden geht, wofür man die Schädigung und Schlechterstellung der Arbeitnehmer unterhalb einer bestimmten Einkommensgrenze billigend in Kauf nimmt, wenn nicht sogar absichtlich betreibt.

Siehe auch Abschaffung des "Solis". Die wird Menschen mit geringeren Einkommen kaum bis gar nicht entlasten.
Jeder Agenda-Geschädigte sollte bei solcher offenkundig manipulativen Steueränderungspropaganda gezielt danach Ausschau halten, wei tief man ihm nun schon wieder in die Tasche greifen will.
Von der aktuellen Seeheimer Partei Deutschlands eine Besserung anhand eines Umbaus der Abgabenstrukturen zu erwarten ist bestenfalls naiv.

unter Umständen durch die Hintertür

wenn die Ehe generell geöffnet wird- ich also, um ein Beispiel zu nennen, auch meinen Dackel ehelichen dürfte, wäre die Sache schnell erledigt.

Also, findet sich keine Mehrheit für die Abschaffung des Ehegattensplitting, muss es über die Erweiterung des Ehebegriffs versucht werden, die ohnehin ansteht, weil zunehmend Mehrehen gesellschaftsfähig werden werden

In islamischen Ländern, wo

In islamischen Ländern, wo Mehrehen erlaubt sind, gibt es aber keine staatliche Unterstützung in Form von Ehegattensplittung. Da gilt die Devise: Der Mann kann so viele Frauen heiraten und Kinder in die Welt setzen, die er auch ernähren kann. Da kann man von den Arabern lernen.