Vielleicht wäre der NSU-Untersuchungsausschuss zu noch besseren Ergebnissen gekommen, hätte er nachvollziehen können, mit wem Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos in den Monaten vor ihrer Entdeckung fernmündlich Kontakt hatten. Da hatten es die französischen Behörden nach den Attentaten von Paris schon besser, mit Hilfe des Einblicks in die Kommunikationsvergangenheit der toten Terroristen konnten Hintermänner aufgespürt und festgesetzt werden.
Auch in hunderten von Ermittlungsverfahren, in denen Kinder Opfer waren, die sexuell missbraucht worden waren, musste die Polizei Fehlanzeige bei der Täterermittlung melden, wegen fehlender Speicherung der Verkehrsdaten gingen diese ins Leere. „Nah an der Strafvereitelung“, nannte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) diesen Zustand zutreffend.
Massenhafte Täuschung der Öffentlichkeit
Den Kritikern der Vorratsdatenspeicherung ist die Diskreditierung dieses Ermittlungsinstruments vollumfänglich gelungen. Viele Menschen glauben tatsächlich, die Polizei betreibe eine „Totalüberwachung der Bevölkerung“, erstelle „Bewegungsbilder“ und höre Telefone unbescholtener Bürger ab. Das ist zwar alles totaler Unfug, aber die Art der öffentlichen Debatte suggeriert den Menschen genau dieses Bild, eine massenhafte Täuschung der Öffentlichkeit, ohne Rücksicht auf die Opfer.
Die Einführung von Mindestspeicherfristen für Telekommunikationsdaten ist kein Selbstzweck. Tataufklärung, die Erhellung von Netzwerken und die Entdeckung von Mittätern dienen der Verhinderung weiterer Delikte. Dabei ist die Abwägung von Rechtsgütern auch beim Zugriff auf diese Daten immer wieder notwendig. Die Grundrechte des Datenschutzes, die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entworfen wurden, stehen nicht allein und über allen anderen Grundrechten. Wenn es darum geht, elementare Grundrechte, wie Freiheit, Leben, körperliche Unversehrtheit oder sexuelle Selbstbestimmung zu schützen, lässt auch das BVerfG Eingriffe in den Datenschutz ausdrücklich zu.
Fakten statt Ideologie
Wenn Politik nicht von nüchternen Fakten bestimmt, sondern ideologisch gesteuert ist, haben es die Praktiker der Macht schwer. Neben den rechtstheoretischen und politischen Erwägungen müssen sie gegen Fehlinformation und Dogmatik argumentieren, wenn sie ein verfassungskonformes Gesetz erfolgreich durch die parlamentarischen Abstimmungen führen wollen. Und natürlich muss ein neues Gesetz, das sich die Große Koalition vorgenommen hat, auch in Karlsruhe bestehen, denn die bekannten Kläger werden auf jeden Fall gegen das Gesetz klagen. Interessanterweise kündigen sie das auch schon an, bevor sie wissen, was drin steht.