Corona-Pandemie

Corona-Hilfspaket: Worauf sich die EU geeinigt hat – und worauf nicht

Kai Doering10. April 2020
Macht Tempo bei der Entlastung der Kommunen: Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz
Macht Tempo bei der Entlastung der Kommunen: Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz
Die EU-Finanzminister haben sich auf ein Corona-Hilfspaket mit einem Umfang von 500 Milliarden Euro geeinigt. Die umstrittenen Eurobonds sind nicht enthalten. Sie könnten aber bald wieder auf der Tagesordnung stehen.

Die Videokonferenz dauerte nur eine halbe Stunde. Nach einer 16-stündigen Verhandlung am Mittwoch und mehrstündigen Vorgesprächen zwischen einzelnen Ressortchefs am Donnerstag haben sich die EU-Finanzminister in der Nacht zu Freitag auf ein umfangreiches Corona-Hilfspaket mit einem Umfang von rund 500 Milliarden Euro geeinigt. „Es geht um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger, es geht um die Sicherheit von Arbeitsplätzen und es geht darum, dass viele Unternehmen in dieser Krise bestehen bleiben“, betonte der deutsche Finanzminister Olaf Scholz nach der Videokonferenz mit seinen Kolleg*innen.

Hilfen für Staaten, Unternehmen und Arbeitnehmer*innen

Konfliktpunkt blieb bis zuletzt die Vergemeinschaftung von Schulden. Vor allem Italien hatte auf die Ausgabe sogenannter Eurobonds gedrungen, mehrere Länder, u.a. Deutschland, lehnten das bis zuletzt ab. Die Niederlande wollten die Bewilligung von Krediten aus dem Euro-Rettungsschirm ESM zudem mit harten Sparbedingungen verbinden.

Der Beschluss der Finanzminister umfasst drei Elemente:

  • Um die Zahlungsfähigkeit der vom Corona-Virus am stärksten betroffenen Länder wie Italien oder Spanien sicherzustellen, werden aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) kurzfristig 240 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Einzige Bedingung für die Vergabe der Gelder ist, dass sie zur Bekämpfung der Corona-Folgen eingesetzt werden müssen.
  • Mit einem Garantiefonds über 200 Milliarden Euro soll kleinen und mittleren Unternehmen über die Krise geholfen werden. Das Geld wird in Form von Krediten von der Europäischen Investitionsbank (EIB) vergeben.
  • Ähnlich wie bei der deutschen Kurzarbeiterregelung soll es ein 100 Milliarden Euro starkes europäisches Kurzarbeiterprogramm „Sure“ geben. Die EU-Staaten können damit Beschäftigten helfen, die wegen der Corona-Krise weniger oder gar nicht arbeiten können, damit diese nicht arbeitslos werden und Unternehmen nach der Krise ihre Produktion möglichst zügig wieder aufnehmen können.

Nicht enthalten in dem Hilfsprogramm sind sogenannte Euro- oder Coronabonds, wie sie vor allem Italien gefordert hatte. Diese könnten allerdings nach dem Ende der Krise wieder auf die Tagesordnung kommen. Dann nämlich wird es ein Fonds geben, mit dem die Wirtschaft innerhalb der Europäischen Union wiederbelebt werden soll. Wie dieser genau ausgestaltet sein wird, steht noch nicht fest.

Wie sich die SPD ein Wiederaufbauprogramm vorstellt

„Der endgültige Schwur muss mit dem Wiederaufbauprogramm kommen“, sagt deshalb der Vorsitzende des Handelsausschusses des Europaparlaments Bernd Lange. Wie so ein Wiederaufbauprogramm aussehen könnte, schrieben die SPD-Europaabgeordneten am Freitag auf Twitter: „Wir müssen die Folgen der Krise langfristig eindämmen – vor allem mit einem Wiederaufbauprogramm, bei dem Jobs, Gesundheit und Nachhaltigkeit im Sinne des Europäischen Green Deals zentral sein müssen.“ Neben einer „Arbeitslosen-Rückversicherung“ zählen sie auch eine „synchronisierte Steuer- und Fiskalpolitik“ dazu sowie „gemeinsam verantwortete Finanzprodukte wie Eurobonds“.

Bei aller Freude über die Einigung der EU-Finanzminister sieht deshalb auch SPD-Chef Norbert Walter-Borjans noch eine Menge Arbeit vor der Staatengemeinschaft liegen. „Verhandlungen über eine für alle Seiten dauerhaft faire und stabilisierende Finanzarchitektur müssen folgen“, forderte Walter-Borjans am Freitag auf Twitter. „Die werden gewiss nicht einfacher, am Ende aber hoffentlich vom selben Einigungswillen getragen wie gestern.“

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Kommentare

Wie weiter ?

Warum sind den die monetären Hilfsmaßnahmen im nationalen wie international Ramen nicht an Ansätze für den sozialökologischen Umbau der Industriegesellschaft gekoppelt ?

"Solidarität" bedeutet nachhaltigen Strukturausgleich !

Nach dem kaputtsparen (ohne Not!) systemrelevanter deutscher Infrastruktur von Pflege über öffenlichem Bus u. Bahnverkehr samt Verkehrswegen bis zu Prävention, Polizei und Justiz, die auch mit dem schon vor der Corönakrise mit extremen Personalmangel einhergingen und daher diese Krise wie die sogenannte "Flüchtlingskrise" erst zur Krise machten, will sich unser Groko-Finanzminister Olaf Scholz jetzt auch noch die Sprengung der EU (zusammen mit seinem niederländischen Pendant) auf seine Fahnen schreiben ! Ein Spiel mit dem Feuer das so geartet meist heftig nach hinten losgeht. Wenn der aktuelle Anlass der Corona-Pandemie und die überdeutlichen schrecklichen Bilder vom Massensterben in strukturschwächeren Euro-Ländern nicht einmal ausreichen um die Notwendigkeit nachhaltiger effektiver Ausgleichsmaßnahmen von Seiten der EU-Extrem-Profiteure wie Deutschland, Frankreich und NL in den Köpfen von Scholz u. Co als dringenden Handlungsbedarf ankommen zu lassen, so können wir uns nur fragen welche Katastrophe es noch braucht bis das Wort "Solidarität" mehr als eine Phrase sein wird, die insbesondere in Krisenzeiten und vor Wahlen so gerne von Politikern wie eine Monstranz getragen wird !

Olaf Scholz ist in diesen

Olaf Scholz ist in diesen Tagen für mich zum
Glaubwürdigsten Krisenpolitiker geworden unaufgeregt sachlich kompetent und immer noch mit einer Spur Witz und Humor Ein Mann auf den man sich in verrückten Zeiten verlassen kann

Noch Fragen ?

Dann Fragen Sie mal die prekär Beschäftigten in neuerdings als "systemrelevant" erkannten Berufen, denen Genosse Olaf Scholz seit Jahren viel verspricht (u.a. 12 EUR Minestlohn), die aber noch immer nicht nur durch übelste Bezahlung leiden, sondern auch durch eine lebensgefährliche Mangelausstattung und eine unverschämt niedrige Kolleg/innenzahl. Es ist nicht Olaf Scholz der die Welt rettet, sondern diese Menschen, falls es noch mal gut geht !!! Wer ist denn bitte für die Mangelwirtschaft verantwortlich ? Wi
Wir dürfen gespannt sein wer die Zeche für die aktuelle Rettungsaktion des Finanzministers zahlen darf !
Ja, viele Betten in Krankenhäusern, weil die Bettenzahl Geld bringt, aber katastrophal wenig Personal, weil Menschen in dieser politisch überwiegend auf Gewinnmaximierung getrimmten Gesellschaft nur noch ein Kostenfaktor sind !!!
Die Welt kann man sich besonders gut schönreden lassen wenn man selbst nicht direkt betroffen ist.