Veranstaltung der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften zu Rahel Varnhagen

Eine Berlinerin um 1800

Die Redaktion18. Februar 2010

Rahel Varnhagen von Ense, Schriftstellerin und Salonière jüdischer Abstammung, wurde 1771 in Berlin geboren. Sie vertrat die Ideen der europäischen Aufklärung und setzte sich für die
Emanzipation der Frauen ein. Als erste jüdische Frau leitete sie von 1790 bis 1806 einen so genannten Salon. Dort trafen sich Dichter, Naturforscher, Politiker und anderen Größen der
Gesellschaft. Auf der Gästeliste des beliebten Treffpunktes standen Namen wie Jean Paul, Alexander und Wilhelm von Humboldt, Friedrich Schlegel und Prinz Louis Ferdinand. Als typische Vertreterin
der aufkommenden Frauenliteratur verfasste Rahel Varnhagen vor allem Briefe und Tagebucheinträge, von denen mehr als 6000 Stück erhalten sind.

"Ich bin
so einzig"

Conrad Wiedemann, Professor der Literaturwissenschaften, veranschaulichte den knapp 100 Zuhörern im Leibniz-Saal die Besonderheiten in Varnhagens Lebenslauf. Anhand verschiedener
Textstellen aus ihren Briefwechseln erläuterte er, dass der Literatin die Einzigartigkeit ihres Handelns durchaus bewusst war. "Ich bin
so einzig, als die größte Erscheinung dieser Erde", schrieb sie gar in einem Brief. Da eine Schulbildung für jüdische Frauen unmöglich war und sie auch nicht aus einem reichen Elternhaus
stammte, sei sie ein echtes Symbol für den Kantschen Imperativ. "'Werde wie du bist' war ihr Lebensmotto", folgerte Wiedemann.



Inspiration aus ganz Europa

Die Professorin Petra Wilhelmy-Dollinger, die an der Universität München Kulturgeschichte lehrt, ordnete die Berliner Salonkultur der Rahel Varnhagen in den europäischen Kontext ein. Sie
zeigte auf, durch welche Reisen und Einblicke in andere Kulturwelten Varnhagen ihre Inspiration erhielt. Uta Moschmann und Claudia Sedlarz, zwei Mitarbeiterinnen der Akademie, stellten
verschiedene Lebensläufe von Berliner Bürgern im 19. Jahrhundert vor. Sie zogen das Fazit, dass die regelmäßigen Treffen in den Salons Bürger aus den verschiedensten sozialen Schichten
zusammenbrachten.

Die Vorträge wurden durch eine Führung zu Orten jüdischen Lebens in Berlin und verschiedene Workshops ergänzt. Diese sollten Lehrern und Schülern einen praktischen Einblick in die Welt der
Geschichts- und Kulturwissenschaften geben. Der Aktionstag endete mit der Vorführung des Films "Rahel - eine preußische Affäre" von Gabriele Conrad und Catharina Deus.