Parteileben

Girls‘ Day im Willy-Brandt-Haus: Besuch bei den wichtigsten Frauen der SPD

Wie funktioniert eine Parteizentrale? Wo sitzt der Bundeskanzler im Willy-Brandt-Haus? Und darf man sich den Partner für die Doppelspitze eigentlich selbst aussuchen? Diese und andere Fragen wurden beim Girls‘ Day der SPD beantwortet.

von Finn Lyko · 26. April 2024
Einmal die SPD-Spitze alles fragen dürfen: Beim Girls' Day im Willy-Brandt-Haus trafen die diesjährigen Teilnehmerinnen unter anderem Saskia Esken und Kevin Kühnert.

Einmal die SPD-Spitze alles fragen dürfen: Beim Girls' Day im Willy-Brandt-Haus trafen die diesjährigen Teilnehmerinnen unter anderem Saskia Esken und Kevin Kühnert.

„Politik funktioniert wie ein Orchester – erst wenn sich alle untereinander abstimmen, entsteht eine Melodie“, sagt die Bundesgeschäftsführerin der SPD, Jessika Wischmeier. Um sie herum sitzen rund 30 Mädchen zwischen elf und 18 Jahren, und hören neugierig zu. Sie alle sind aus demselben Grund hier: dem Girls‘ Day, an dem man im Willy-Brandt-Haus jungen Mädchen den politischen Betrieb einer Parteizentrale näherbringen möchte. „Ihr werdet heute die wichtigsten Frauen der SPD treffen“, betont schon SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert bei der Begrüßung im Atrium.

Und tatsächlich: Während Kühnert sich noch den Fragen der Mädchen stellt, kommt die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken ganz unbemerkt zur Runde dazu. Nach und nach wird sie erkannt, Esken wird vorgestellt, dann ist die Fragerunde mit Kevin Kühnert vorbei. Zum Abschluss werden – mit Verweis Kühnerts auf „den Typen, nach dem das Haus benannt ist“ – Gruppenfotos vor der Willy-Brandt-Statue gemacht, dann muss der Generalsekretär weiter.

Brezeln und O-Saft im Helmut-Schmidt-Saal

Die Parteivorsitzende Esken bleibt. Nächste Station ist der Helmut-Schmidt-Saal. Alle nehmen nach und nach mit Brezeln und Orangensaft in den Händen am großen Konferenztisch um die Parteichefin herum Platz. Dann beginnt Saskia Esken zu erzählen: vom langen Weg hin zur heutigen Gleichberechtigung in der Politik, von ihrer Arbeit als Teil der SPD-Doppelspitze und von den Hürden, die es in ihrem eigenen Leben aufgrund ihres Geschlechts gab. Die Mädchen hören interessiert zu.

Es geht auch um Angriffe im Internet, die sehr viel häufiger gegen Frauen gerichtet sind, als gegen Männer. „Menschen, die so etwas tun, denken, dass Frauen sich nichts trauen sollen“, sagt Esken. „Das sollten wir uns nicht gefallen lassen!“, appelliert sie an die Mädchen.

Dann ist es Zeit für Fragen. Ob man sich seinen Doppelspitzen-Partner aussuchen dürfe, fragt eine Teilnehmerin etwas schüchtern. Ob Olaf Scholz auch im Willy-Brandt-Haus sei, will ein anderes Mädchen wissen. „Wie kann man Mobbing loswerden?“, fragt eine der Jüngeren der Gruppe. Die anfängliche Schüchternheit der Mädchen fällt mehr und mehr ab, und sie nutzen ihre Chance, Saskia Esken alles fragen zu können.

Das Willy-Brandt-Haus als berufliche Perspektive

Sie muss zwar bald weiter, denn der parlamentarische Terminkalender macht auch vor dem Girls‘ Day nicht halt. Doch die Mädchen sind nun aufgetaut und unterhalten sich aufgeregt, während sie auf die nächste Frau aus dem Willy-Brandt-Haus warten: SPD-Bundesgeschäftsführerin Jessika Wischmeier. „Auch der Bundeskanzler sitzt hier regelmäßig drin“, sagt Wischmeier als sie sich am großen Tisch im Helmut-Schmidt-Saal niederlässt. Ein anerkennendes Raunen geht durch die Gruppe.

Dann beginnt die Bundesgeschäftsführerin zu erklären, wie eine Parteizentrale funktioniert, und welche verschiedenen Berufe hier ausgeübt werden. Sie sei hier die „Dirigentin“ (Stichwort: Orchester), so beschreibt sie ihre eigene Tätigkeit. Ihre Hauptaufgabe: alles aufeinander und miteinander abstimmen.

Damit hat sie die Neugier der Mädchen geweckt. „Wie treffen Sie Entscheidungen?“, fragt eine Teilnehmerin. „Welche Eigenschaften muss man als Geschäftsführerin haben?“, möchte eine andere wissen. Auch nach Wischmeiers Arbeitsalltag wird viel gefragt. Zum Ende hat sie einen klaren Rat an die Mädchen: „Seid mutig, neugierig, und haltet mit anderen Frauen zusammen!“, appelliert sie an die Gruppe.

Vielfältige Workshops geben Einblicke in den Parteibetrieb

Danach werden die Mädchen in Gruppen aufgeteilt. Im Kampagne-Workshop im Videostudio wird deutlich spürbar, dass nun auch bei den letzten jede anfängliche Schüchternheit verflogen ist. Jedes Mächen bekommt ein Wahlplakat mit dem eigenen Gesicht darauf. Sie sollen dabei den Prozess der Erstellung solcher Plakatkampagnen kennenlernen. Während sich die ersten mutig fotografieren lassen, haben andere einen Pappaufsteller im Studio entdeckt. „Wer ist das?“, fragen sie kichernd die Erwachsenen im Raum. Auf die Antwort „Martin Schulz“ kommt nur ein „Den kenne ich nicht“ zurück. Selfies machen sie mit dem Abbild des ehemaligen SPD-Vorsitzenden trotzdem.

Parallel dazu läuft ein Workshop im Bereich Projektorganisation. Hier lernen die Teilnehmerinnen die wichtigsten Aspekte der Eventplanung kennen: Sie sollen dafür selbst in zwei Gruppen eine Schulabschlussfeier planen. „Wir müssen auch schauen, dass der DJ die Lieder wirklich abspielen darf“, merkt eine Teilnehmerin irgendwann an – damit ist dann auch wirklich an alles gedacht.

In vielfältigen Workshops konnten die Mädchen Einblicke in den Parteibetrieb bekommen.

Journalismus in Zeiten von TikTok und co.

Nach der ersten Workshop-Runde trifft die Gruppe SPD-Sprecherin Bianca Walther. Sie spricht mit den Mädchen über Journalismus und Pressearbeit. Auch für Fragen wie „Hast du schon mal einen krassen Fehler gemacht?“ oder „Musst du deine Reisen selber Zahlen?“ ist Zeit. Auf Nachfrage einer Teilnehmerin hin geht es dann um die Zukunft des Journalismus in Zeiten von Social Media, und eine Diskussion entbrennt. Tatsächlich informiert sich die Gruppe über Politik überwiegend über Instagram oder TikTok – jedoch nicht, wie man vielleicht denken könnte, durch Accounts von Influencer*innen, sondern über Accounts wie den der Tagesschau.

Bei Pizza und Limo werden im Anschluss die Handys gezückt und erste Nummern ausgetauscht. Die Stimmung ist aufgelockert, und nach der Stärkung sind alle bereit für die letzten beiden Workshops. Eine Gruppe geht dafür in die Parteischule der SPD, wo sie sich an Rhetorik versucht. Die Aufgabe: „Mach in einer kurzen Rede Werbung für deine Schule!“. Das finden viele zunächst „peinlich“ und „cringe“ am Ende klappt es dann aber doch recht gut.

Gleichzeitig ist eine andere Gruppe im Workshop mit den Jusos. Hier geht es darum, Forderungen in einer Social-Media-Kachel aufzubereiten. Für eine Generation, die kein Leben ohne die heutige Digitalität kennt, natürlich kein Problem. Die Forderung „Schule ist wichtig, also ändert das System!“ erntet bei der abschließenden Präsentation der Ergebnisse besonders viel anerkennendes Nicken.

Zum Ende viel Lob

Zum Schluss gibt es noch eine Feedback-Runde. Der erste Kommentar: „Das war krass, dass man hier auch die richtigen Politiker mit Vornamen anspricht“ – neben anhaltendem Erstaunen über das Duzen in der SPD fällt auch das sonstige Feedback positiv aus. Sie habe über den „Girls‘ Day herausgefunden, dass sie Politik „ganz spannend“ finde, erzählt eine Teilnehmerin zum Abschluss in der Runde. 

Mit einem eigenen Wahlplakat und einer Teilnehmerinnenurkunde in der Hand sowie dem Hinweis auf die Ausbildungsmöglichkeiten im Willy-Brandt-Haus im Hinterkopf machen sich die Mädchen schließlich auf den Nachhauseweg. Während sie aufgeregt die Treppe ins Foyer hinunterstapfen werden erste Pläne für Treffen am Wochenende geschmiedet – mindestens der Rat von Jessika Wischmeier, sich untereinander zu verbünden, hat also bereits Früchte getragen.

Autor*in
FL
Finn Lyko

ist Volontärin in der vorwärts-Redaktion.

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