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Studie der Uni Leipzig: Darum ist die AfD in Ostdeutschland so stark

Warum ist die AfD besonders in Ostdeutschland im Aufwind? Eine neue Studie der Universität Leipzig gibt Aufschluss darüber. Die Demokratie hat danach im Osten einen schweren Stand, was auch an Erfahrungen aus der DDR liegt.
von Kai Doering · 28. Juni 2023
Hohe Zufriedenheit mit dem Leben in der DDR: Eine neue Studie der Universität Leipzig bietet Erklärungsansätze für die Stärke der AfD in Ostdeutschland.
Hohe Zufriedenheit mit dem Leben in der DDR: Eine neue Studie der Universität Leipzig bietet Erklärungsansätze für die Stärke der AfD in Ostdeutschland.

Die Wahl des ersten Landrats von der AfD im thüringischen Sonneberg am Sonntag war für viele Menschen ein Schock. Und auch in den Umfragen für die Landtagswahlen in den ostdeutschen Bundesländern ist die in weiten Teilen rechtsextreme Partei im Aufwind. Eine Studie der Universität Leipzig liefert nun mögliche Erklärungen für den Erfolg der AfD.

Jede*r zweite wünscht sich eine „starke Partei“

Eine repräsentative Befragung von 3.546 Menschen in den ostdeutschen Bundesländern ergab danach eine hohe Zustimmung zu rechtsextremen Aussagen. Chauvinistische und ausländerfeindliche Aussagen würden nur von einer Minderheit der Befragten abgelehnt, betonten die Studienleiter Oliver Decker und Elmar Brähler bei der Vorstellung der Studie am Mittwoch in Berlin.

Besonders ausgeprägt sei die Zustimmung in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. „Hier ist damit das Potential für extrem-rechte und neonazistische Parteien, Wähler zu finden, besonders hoch“, betonte Brähler. „Jeder zweite wünscht sich eine ‚starke Partei‘, die die ‚Volksgemeinschaft‘ insgesamt verkörpert. Statt pluralistischer Interessensvielfalt wird eine völkische Gemeinschaft gewünscht“, erläuterte Elmar Brähler, emeritierter Professor für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie an der Universität Leipzig.

Schwache Zustimmung zur Demokratie

Die Untersuchung zeige, „dass sich derzeit viele Menschen in den ostdeutschen Bundesländern nicht mehr demokratische Teilhabe und Sicherung der demokratischen Grundrechte wünschen, sondern die scheinbare Sicherheit einer autoritären Staatlichkeit“. Extrem-rechte Parteien wie die AfD hätten hier mit ihren ideologischen Angeboten zahlreiche Anknüpfungspunkte in die Breite der Bevölkerung.

Hinzu komme der „Wunsch nach einer Einparteiendiktatur“ wie sie viele in der DDR erlebt haben. So erfährt die Forderung nach „einer einzigen starken Partei, die die Volksgemeinschaft verkörpert“ in der Untersuchung eine hohe Zustimmung von den Menschen in Ostdeutschland. Gleichzeitig ist die Zustimmung zur im Alltag gelebten Demokratie nur sehr schwach ausgeprägt.

Die Erfahrungen aus der DDR prägen die Einstellungen der Menschen in Ostdeutschland noch heute. „Ein Viertel fühlt sich als Verlierer der Wende, nicht mal die Hälfte möchte sich als Gewinner bezeichnen. Rückblickend ist die Zufriedenheit unter den Befragten mit ihrem Leben in der DDR hoch“, erläuterte Oliver Decker, Direktor des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts für Demokratieforschung an der Universität Leipzig. Zwei Drittel der Befragten teilten eine Sehnsucht nach der DDR.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

3 Kommentare

Gespeichert von Sonja Solms (nicht überprüft) am Sa., 09.12.2023 - 10:19

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Guten Tag, bereits Jahrzehnte zahlen wir einen Solidaritätszuschlag, bekannterweise ist dieser hauptsächlich in den Aufbau der Wirtschaft und Infrastruktur für die neuen Bundesländer geflossen, warum fühlen sich die Menschen dort immer noch benachteiligt ? Vor der Wende lag die ehemals DDR am Boden und haben sich u.a. mit West Paketen und Franz Josef Strauss am Leben gehalten, woher die "Sehnsucht " nach der DDR ? Erschließt sich mir nicht wirklich.

Gespeichert von Mirko Hansper (nicht überprüft) am Di., 23.01.2024 - 12:16

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Hallo Frau Solms,
Ihr begrenztes Wissen über den Osten spiegelt sich in der Reduzierung dessen auf Solidaritätszuschlag, "Westpakete" und Herrn Strauss' Politik nieder. Es reicht nicht, es auf einige Details zu reduzieren, es gehört noch viel mehr dazu! Viele wollen die DDR nicht zurück, sondern nur das sichere Gefühl wie damals wiederhaben!
Erst einmal zu dem Solidaritätszuschlag. Der gemeine Ostdeutsche hat nur indirekt vom Solidaritätszuschlag profitiert. In erster Linie nutzte der Aufbau der Wirtschaft und Infrastruktur dem westdeutschen Investor, der, nach Meinung der Ostdeutschen, die DDR aufgekauft und geplündert hat. Wem nutzen neue Straßen, wenn er sich kein Auto leisten kann? Wem nutzt der modernisierte Betrieb vorrangig?
Thema "Westpakete": Was kaum einer weiß, es gingen mehr Pakete vom Osten in den Westen, als umgekehrt!
Zu Herrn Strauss' Politik: Politik verfolgt stets eigene Ziele und die dürften wirtschaftlicher Natur gewesen sein. Nützlicher Nebeneffekt des Milliardenkredits waren die Zusage der DDR, die Selbstschussanlagen abzubauen, den Mindestumtausch für Jugendliche abzuschaffen, Ausreise und Familienzusammenführung zu erleichtern sowie die Grenzabfertigung für Westdeutsche weniger schikanös zu gestalten. Und das Verzögern des Zusammenbruchs der DDR!
Der Unmut der Ostdeutschen, sich wie Menschen zweiter Klasse zu fühlen hat auch in der Trennung im Einkommen, in der Rente, in den Versicherungen usw. nach Ost bzw. nach West seinen Ursprung.
Warum gibt es denn noch Osttarif und Westtarif?
Übrigens wurden die vielen Betriebe/Firmen, die durch Westdeutsche nach der Wende übernommen wurden, sehr bald nach Auslaufen der Mindestlaufzeit von Subventionen/Förderungen verraten und verkauft. Übrig blieb ein Scherbenhaufen, den keiner mehr wollte. Da soll kein Misstrauen gegenüber Westdeutschen aufkommen?
Wer hat sich denn an den neuen Bundesländern bereichert? Hauptsächlich Menschen aus Westdeutschland!
Wieviel Menschen müssen aus dem Osten zum arbeiten in den Westen? Nicht weil sie es wollen, weil sie es müssen! So viel zu dem erwähnten Aufbau der Wirtschaft im Osten! Manche Firmen im Westen wären ohne die ostdeutschen Arbeitskräfte nicht existenzfähig!
Desweiteren wollte jeder Westdeutsche alles über das Leben in der DDR alles gewusst haben und wollte dann den "Ossi's" erklären, was richtig und was falsch ist. So kam es zu der Bezeichnung "Besser-Wessi" in Anlehnung an "Besserwisser". Wie auch "Ossi" vom Westdeutschen eher abwertend benutzt wird.
Wie auch der Westen später zur Einsicht kam: Nicht alles am Osten war schlecht!
Wir im Osten hatten viel weniger Existenzängste, Schule war besser und wurde gefördert, es gab Kinderkrippen und Kindergärten, fast alle Frauen haben gearbeitet. Das Leben war einfacher, aber auch sorgloser als heutzutage und wir waren uneigennütziger, haben nicht immer eine Gegenleistung erwartet, wie die Westdeutschen. Wir haben eine Tasse Zucker dem Nachbarn gegeben oder eine Tüte Mehl ohne es mit einem Präsentkorb wieder gutmachen zu müssen. Kleinigkeiten, aber Helfen und Aushelfen war normal.
Die Stasi und ihre Spitzel waren ein negativer Aspekt, von dem aber die Meisten nichts mitbekommen haben. Auch der Konsumrausch, der den Westdeutschen eigen war, der fehlte fast komplett. Alle Sachen, die man zum Leben brauchte, waren ja da. Und zwar größtenteils subventioniert! Luxusartikel dagegen waren oft und fast überall Mangelware. Dieser Konsumrausch und die Individualisierung wurde leider nach Ostdeutschland exportiert und nur allzugern angenommen. Menschliche Schwäche eben! Die alten Ostdeutschen sind da oft noch die Ausnahme, denen ist das wurscht. Die fahren noch ihr altes Fahrrad oder Auto, haben alte Klamotten und kaufen sich nicht immer wieder das neueste Handy usw.
Vieles ist im Westen genau wie im Osten, nur verschleiern es die Politiker gekonnt unter dem Deckmantel "Demokratie" und anderen Phrasen. Medien werden gelenkt, nur an den eigenen Vorteil wird gedacht und das ordinäre Volk wird verarscht. Kannten wir im Osten, wollt ihr im Westen nicht wahrhaben!
Klar ist es schön, sich alles kaufen zu können, überall hin in den Urlaub fahren können, seine Meinung frei sagen zu können... Ach, das stimmt ja nun auch wieder nicht!
Wer braucht zum Leben 5.000 Sorten Schokolade im Regal? Kein Mensch!
Wer braucht 25.000 Fertigsuppen? Nur solche Menschen, die nicht kochen können! → Dumme Menschen?
Wer braucht alle 3 Jahre ein neues Auto mit viel zu viel PS? Nur Menschen mit Minderwertigkeitskomplexen!
Gleiches gilt für neue Handys, Markenklamotten usw. usf. Die Regierung faselt was von Ressourcen schonen, nachhaltig, ungesund und macht fast nichts gegen diesen Konsumrausch, gegen Alkohol und Tabak, gegen seltsame Ersatzstoffe in Lebensmitteln und, und, und... Dieser Regierung geht es nur um Steuereinnahmen und um Machterhalt, nicht um das Wohl des Bürgers!
Wem nützt der Individualismus? Nur dem Verkäufer, der Gemeinschaft schadet dieser nur!
Aber im Individualismus wird viel verkauft = viel Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer, Grunderwerbssteuer usw.!
Aber ich schweife ab. Wie du lesen konntest, gehört doch viel mehr zum Leben in der DDR als man als "Wessi" von der Tagesschau her kannte. Nach so vielen Jahren "Wiedervereinigung" kann ich sagen, in Westdeutschland gibt es genau so viel Idioten wie im Osten, nur sind diese im Westen viel egoistischer und skrupelloser als die im Osten!